Nach massivem Druck der Bundesregierung auf Telegram geht das Unternehmen in Deutschland erstmals spürbar gegen Hass und Hetze im Netz vor. Telegram hat insgesamt 64 Kanäle gesperrt, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (Samstagsausgabe) unter Berufung auf Sicherheitskreise. Die Schließung sei auf Druck des Bundesinnenministeriums und des Bundeskriminalamts (BKA) zurückzuführen, hieß es weiter.
Das BKA habe entsprechende Löschersuchen an Telegram versandt. Insgesamt 64 seien bislang berücksichtigt worden. Am Donnerstag war es zu einem zweiten Gespräch auf Arbeitsebene zwischen Regierung und Telegram gekommen. Die Regierung und das Unternehmen wollten "weiterhin in einem engen Austausch bleiben", hieß es nach den Gesprächen. Das habe Unternehmensgründer Pavel Durov bereits im ersten Gespräch zugesichert, an dem er selbst teilgenommen habe.
Das Innenministerium fordert seit Längerem, dass Hass und Hetze bei Telegram geächtet und entfernt werden. Bislang kam das Unternehmen der gesetzlichen Verpflichtung zum Löschen jedoch nicht nach. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) machte am Freitag deutlich, dass sie im Fall Telegram weiter hart durchgreifen will. "Telegram darf nicht länger ein Brandbeschleuniger für Rechtsextreme, Verschwörungsideologen und andere Hetzer sein", sagte sie der SZ. "Morddrohungen und andere gefährliche Hassposts müssen gelöscht werden und deutliche strafrechtliche Konsequenzen haben."
Die erste größere Löschaktion des Unternehmens sieht Faeser als Erfolg des wochenlangen Drucks auf Telegram. "Das Bundeskriminalamt hat die Ermittlungen deutlich verstärkt. Ich habe vom ersten Tag im Amt an deutlichen Druck aufgebaut, um Telegram zur Kooperation zu bringen. Dieser Druck wirkt." Telegram wird unter anderem von radikalen Impfgegnern und Querdenkern genutzt, um sich für sogenannte Spaziergänge gegen die Corona-Maßnahmen zu vernetzen. Der Thüringer Verfassungsschutz hatte zuletzt etwa beklagt, dort würden besonders viele konkrete Umsturzfantasien verbreitet. Auf der Plattform tummelten sich auch zahlreiche Rechtsextremisten.
Foto: Smartphone-Nutzerin, über dts Nachrichtenagentur