Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hat das Verbot der russischen Staatsmedien RT (früher Russia Today) und Sputnik in Europa verteidigt. "Bei Russia Today und Sputnik handelt es sich aus Sicht des Putin-Regimes um zentrale Instrumente in einem vermeintlichen Informationskrieg", sagte sie der "Welt" (Freitagausgabe). "Auch in Bezug auf den blutigen Angriffskrieg des Putin-Regimes gegen die Ukraine", sagte Roth.
So seien inzwischen auch die letzten unabhängigen Medien in Russland verboten worden. "In aller Brutalität liegt nun offen, dass und wie Putin einen Feldzug gegen die Idee und Grundprinzipien der Demokratie führt." Roth wies darauf hin, dass der deutsche Ableger RT DE hierzulande keine Sendelizenz habe, sondern illegal über Internet und Satellit ausstrahle. Da Russia Today und Sputnik Wirtschaftsunternehmen des russischen Staates seien, habe die EU sich zudem zu Sanktionen entschlossen, sagte Roth. "Die wirtschaftlichen Sanktionen der Europäischen Kommission unterstützen so unser konsequentes medienrechtliches Vorgehen gegen RT DE. Das ist auch eine Frage der europäischen Solidarität mit den Ländern, die anders als wir sich weniger gegen Fake-News geschützt haben." Die Grundsätze zum Schutz unabhängiger und vielfältiger Medien werde von dem Verbot der Tätigkeit der beiden russischen Medienunternehmen nicht angetastet, hob Roth hervor: "Wir schränken auch nicht etwa die Arbeit einzelner Journalistinnen und Journalisten ein, diese ist unter Wahrung der journalistischen Sorgfaltspflichten selbstverständlich weiter möglich."
Unter Medien- und Menschenrechtsexperten des Bundestags ist die Maßnahme umstritten. "Ein generelles EU-Sendeverbot für RT und Sputnik ist in der aktuellen Situation sicherlich ein effektives Mittel, um im Informationskrieg Putins gezielt gegen einzelne Verbreitungsformen vorzugehen", sagte Thomas Hacker, medienpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Die Frage sei jedoch, ob es wirklich klug sei. "Ein EU-Verbot wird natürlich vom Gegner automatisch als Zensur gewertet und schwächt unsere Argumentation als freie demokratische Welt. Wenn wir politisch diesen Schritt gehen, dann liefern wir auch Argumente für das Kreml-Regime, uns als Feinde des russischen Volkes zu diskreditieren - das muss uns bewusst sein." SPD-Medienpolitiker Helge Lindh sagte, Putins Desinformationskampagne nehme es sich bereits seit Jahren zum Ziel, Demokratien zu spalten und zu destabilisieren. "Das Gift der Propaganda, Desinformation und Lüge ist gerade in Kriegszeiten tödlich", sagte Lindh. "Eine freie Gesellschaft muss das nicht aushalten. Sie darf das nicht aushalten, muss wehrhaft sein, wenn sie frei bleiben will." Grünen-Medienpolitikerin Tabea Rößner nannte Sperrungen oder Verbote von Medienangeboten ein "sehr scharfes Schwert". "Auch wenn der Wunsch vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine nachvollziehbar ist, Propagandasender des Kremls europaweit zu sperren oder einzuschränken, unterliegen solche weitreichenden Entscheidungen gerade aufgrund unserer Historie einer staatsfernen Medienregulierung. Dabei sollte es bleiben", sagte Rößner.
"Staatlich verordnete Verbote können willkürlich wirken und dem Vertrauen in journalistische Medien und ihrer Unabhängigkeit großen Schaden zufügen." Jürgen Braun, menschenrechtspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, sagte, wenn man eine freiheitliche Gesellschaft mit Meinungsfreiheit haben wolle, müsse man es auch ertragen, dass es verschiedene Stimmen und Positionen gebe. "Wie will man Putin dafür kritisieren, dass er unabhängige Radio- und Fernsehsender verbietet, wenn man selbst relativ unbedeutende Kanäle wie RT und Sputnik abstellt? Diese Aktion schwächt unsere Glaubwürdigkeit."
Foto: Claudia Roth, über dts Nachrichtenagentur