Als eine mögliche Konsequenz aus dem „Coca-Cola-Report“ der Verbraucherorganisation Foodwatch haben die Grünen die Einführung einer Zuckersteuer ins Spiel gebracht.
„Wie sich auf Dauer die Sonderabgabe auf Zucker in den Nachbarländern wie Großbritannien oder Frankreich entwickelt, werden wir genau beobachten und entsprechende Konsequenzen für Deutschland daraus ziehen, wenn die Industrie sich jetzt nicht bewegt“, sagte die ernährungspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast, dem Handelsblatt.
Großbritannien führt am 6. April eine Steuer auf stark gezuckerte Getränke ein, die die Hersteller zahlen müssen.
Foodwatch hatte dem Coca-Cola-Konzern vorgeworfen, für die Zunahme von Fettleibigkeit und Diabetes mitverantwortlich zu sein. Der Weltmarktführer von Limonaden verharmlose wissenschaftlich belegte Risiken seiner zuckerhaltig en Getränke, erklärte die Organisation am Mittwoch bei der Vorstellung ihres Reports. Coca-Cola nehme zudem mit millionenschweren Marketingkampagnen im Internet und im Fernsehen bewusst Kinder und Jugendliche als Zielgruppe ins Visier.
Künast warnt vor den gesundheitlichen Gefahren durch übermäßigen Zuckerkonsum. „Für mich ist Zucker der neue Tabak“, sagte die Grünen-Politikerin. „Ein alltägliches Genussmittel mit Folgen, das so wie früher der Tabak intensiv beworben wird.“ Zu viel Zucker mache dick und sei ungesund, das belegten alle unabhängigen Studien, warnt Künast. „Nur industriebezahlte Studien behaupten das Gegenteil.“
Freiwillige Selbstverpflichtungen wie die von einigen Konzernen selbstentworfene Lebensmittel-Ampel lehnte Künast als „komplizierten Humbug“, der Verbraucher in die Irre führe, ab. Sie fordert stattdessen eine transparente Ampelkennzeichnung. „Eine Ampel, die durch die Farben grün, gelb und rot auf den ersten Blick zeigt, wenn Getränke und andere Lebensmittel zu viel Zucker, Fett oder Salz enthalten“, erläuterte die Grünen-Politikerin. „Außerdem fordern wir“, fügte Künast hinzu, „ein gesetzliches Verbot der Werbung für Süßigkeiten, Snacks und Fastfood, die sich an Kinder unter zwölf Jahren richtet.“
Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) lehnt eine Zusatzsteuer für zuckerreiche Lebensmittel nach britischem Vorbild ab. "Es klingt einfach und verlockend, eine zusätzliche Steuer für Fertigprodukte in unserem Land zu erheben. Aber die Praxis tut der Theorie nicht immer den Gefallen", sagte Klöckner dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Donnerstagausgaben).
"Es mag zwar sein, dass der Zuckergehalt in manchen Produkten sinkt. Das gilt aber nicht automatisch für den Gesamtkaloriengehalt", sagte die CDU-Politikerin. Klöckner riet davon ab, die Debatte um bessere Ernährung auf den Zuckergehalt von Lebensmitteln zu beschränken.
Nötig sei "eine Gesamtstrategie zur Reduzierung von Fett, Zucker und Salz", sagte Klöckner und kündigte an, "diesen Prozess weiter vorantreiben" zu wollen. Die Grünen-Verbraucherschutzexpertin Renate Künast fordert erasche, konkrete Maßnahmen hierzu. "Wir brauchen eine verbindliche nationale Reduktionsstrategie für Zucker, Salz und Fett mit konkreten Zeit- und Reduktionszielen", sagte Künast dem RND.
Der Einführung einer Zuckersteuer, wie sie bereits in Frankreich, Belgien, Irland, Portugal, Estland, Norwegen und ab Freitag auch in Großbritannien erhoben wird, steht die frühere Bundesverbraucherschutzministerin aufgeschlossen gegenüber. "Die Zuckersteuer in den Nachbarländern werden wir genau im Auge behalten und unsere Konsequenzen für Deutschland ziehen", kündigte Künast an.
Foto: Julia Klöckner, über dts Nachrichtenagentur