Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat eine längere Lebensarbeitszeit ins Gespräch gebracht. "Wir müssen die Erwerbstätigkeit von Frauen steigern und uns fragen: Sollte bei steigender Lebenszeit nicht auch das Renteneintrittsalter angehoben werden?", sagte Weidmann den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben).
"Warum sollte die Frage längerer Lebensarbeitszeit in Deutschland ausgespart werden, wenn so unterschiedliche Länder wie etwa Dänemark oder Italien Systeme eingeführt haben, die den Renteneintritt richtigerweise mit der Lebenserwartung verknüpfen?"
Denn ein konstantes Renteneintrittsalter bei steigender Lebenszeit bedeute bei gleichbleibenden Renten nichts anderes, als dass die jüngere Generation immer größere Lasten zu tragen habe, warnte er.
"Das kann man gesellschaftlich so entscheiden, aber man sollte sich über die Folgen im Klaren sein: Die Arbeitskosten steigen, die Beschäftigung und die Wettbewerbsfähigkeit sinken."
Bundesbankchef signalisiert Bereitschaft für EZB-Präsidentschaft
Weidmann hat Bereitschaft erkennen lassen, im nächsten Jahr den Italiener Mario Draghi an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) zu beerben. "Ich denke, jedes Mitglied im EZB-Rat sollte den Gestaltungswillen mitbringen, auch in einer anderen Rolle an der Geldpolitik mitzuwirken", sagte Weidmann den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben) und der französischen Zeitung Ouest-France auf die Frage, ob er für das Amt bereitstehe.
Weidmann ist qua Amt Mitglied im EZB-Rat und gilt als Kritiker der lockeren Geldpolitik von Draghi. Weidmann bedauerte, dass die Nachfolge-Diskussion so früh begonnen habe. "Es geht jetzt nicht mehr darum, auf die Krise zu reagieren, sondern die Geldpolitik wieder zurück in vertrauteres Terrain zu führen und die geldpolitische Strategie für die Zukunft abzustecken", sagte er zu den Aufgaben eines neuen EZB-Präsidenten.
Auf die Frage, ob er sich auch für die Probleme der südlichen Euro-Länder stark mache, betonte er: "Unser Mandat heißt: Preisstabilität für den Euroraum als Ganzes. Die Aufgabe des EZB-Rats ist somit nicht, Politik für einzelne Länder zu machen. Das ist auch keine Marotte von mir, das Mandat des Eurosystems ist in den europäischen Verträgen so definiert."
Foto: Bauarbeiter, über dts Nachrichtenagentur