Der Auftaktfür die Berichtssaison hätte nicht besser sein können. Goldman Sachs meldeteeinen hohen Quartalsgewinn von 2,7 Mrd. USD, was allerdings weniger war als imVorjahr, und JP Morgan steigerte den Gewinn sogar um 36% zum Vorjahr auf 2,7Mrd. USD. Am Freitag überraschten dann die Bank of America mit einemQuartalsgewinn von 3,2 Mrd. USD und die CitiGroup (wegen Smith Barney/Pfizer) sogarmit 4,3 Mrd. USD. Die guten Zahlen kommen wieder vom Investmentbanking bzw. vondem Anleihenmarkt und dem Underwirting für Emissionen. Zudem haben sich die Bankensehr günstig über die Notenbank refinanzieren können.
Dabeierhöhten die Banken sogar die Rückstellungen, was darauf schließen lässt, dasses in der 2. Jahreshälfte vermehrt Kreditausfälle geben wird. Aufgrund der gutenZahlen konnte auch nicht die Nachricht stören, dass einer der größtenMittelstandsfinanzierer CIT in den USA kurz vor dem Bankrott steht.
Die guten Zahlensollten auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass US-Unternehmen sich immer nochin arger Refinanzierungsnot befindet, weil der Markt für Commercial Paper (CP)ausgetrocknet ist. Seit dem 1. April verminderte sich das Volumen der CP um 26%auf 1,1 Billionen USD. Die Börsen werden aber zunächst auf die nächstenQuartalszahlen und Konjunkturdaten bewerten und hier überwogen trotz desschlechten Ausblicks von Nokia zunächst die positiven Nachrichten.
Bei denKonjunkturdaten fällt auf, dass die OECD und der IWF vor allem aufgrund deranhaltenden Wachstumsdynamik in China zurückrudern und wesentliche bessereKonjunkturdaten für 2010 prognostizieren. So geht der IWF von einemWelt-BSP-Wachstum von 2,5% aus. Der beste Prognoseindikator für die Wirtschaftist Börse und die hat sich mit Ausnahme von „BRIC“ noch nicht so rechtentschieden, wo sie hin will.
Auch GeneralElectric erzielte einen Gewinn von 2,7 Mrd. USD, der allerdings zum Vorjahr umdie Hälfte sank. Während bei Google die Zahlen nicht überzeugten, überraschteIBM mit einem Gewinnanstieg um 12% auf 3,1 Mrd. USD, obwohl der Umsatz um 13%sank. Damit wurde die operative Gewinnmarge auf 45% verbessert. Sehr vieleUnternehmen senken jetzt die Kosten, machen sich schlanker, womit die Rentabilitätsteigt.
Die WallStreet reagierte schon nach dem Goldman Sachs und JP Morgan-Zahlen sehr positivmit Kurssprüngen von 3% am Tag und über 7% in der letzten Woche. Auch dieÄußerungen von „Mr. Doom“ Nouriel Roubini,dass die Talsohle erreicht sein könnte, wurden am Donnerstag positivaufgenommen. Allerdings äußerte sich Roubini sehr viel differenzierter und erbleibt der bei der Meinung, dass der Weg zur Besserung sehr steinig ist. Zudemgab es erstmals positive Zahlen aus dem Immobiliensektor. So erhöhte sich die Zahlder Baubeginne auf erfreuliche 582.000 und auch die Baugenehmigungen stiegen um8,7%.
Fast unisonostiegen auch die Kurse an den Ostbörsen in der letzten Woche infolge der guten US-Geschäftszahlen.Auch deutsche Blue Chips schafften das Comeback: Daimler stieg um 19% und VW trotz des Gerangelsum die Vorherrschaft bei VW/Porsche um 19%, BASF um 14% und MAN um 13%, der DAX insgesamt um 400 Punkte bzw 8,8% und der Dow Jones um 7%. Dabei konnte beimDAX die magische 5000-er Marke aber noch nicht überwunden werden. Bisher habenerst 11% aller S&P-Unternehmen Quartalszahlen gemeldet.
Im der nächstenWoche werden 10 S&P-Unternehmen Quartalszahlen melden, darunter auch Appleund Yahoo, die für den Technologiesektor maßgeblich sein werden. Ich rechnehier mit keinen allzu schlechten Zahlen. Apple ist mittlerweile nicht nur wegendes IPhone das an deutschen Börsen am meisten gehandelte ausländischeUnternehmen. Der Kurs erreichte am Freitag sogar ein neues Jahreshoch mit 107 €,damit sieg die Aktie schon in den letzten 6 Monaten um über 75% von 60 auf 107€. Der Haussetrend ist damit hier noch voll intakt. Dass Allzeithoch lag Ende2007 bei 139 €.
Der Ölpreisgab auf 60 USD/Barrel nach, konnte sich nun aber wieder auf 64 USD/Barrelerholen. Hier rechne ich mittelfristig eher mit fallenden Kursen, weil überwiegendauf Lager bzw herumfahrende Tanker gekauft wurde, die nach und nach die Lagerfüllen. Es gibt einige Experten, die den Ölpreis bis auf 20 USD/Barrel in diesemJahr fallen sehen; in diesem Fall würden nicht russische Ölwerte, sondern degesamte russische Aktienmarkt stark unter Druck kommen.
Der Goldpreisstieg wieder auf 936 USD/Unze, obwohl der Dollar recht stabil um die 1,40EUR/USD pendelt. Noch gibt es keine erkennbaren Inflationsschübe, weil dieRezession die Preisanpassung nach unten möglich macht. Dennoch gehe ich bei einemGoldpreis von über 940 USD/Unze von weiter steigenden Goldpreisen aus.
Nach wie vorgibt es aber keine klaren Trends weder an den Rohstoff-, noch an denKapitalmärkten oder Immobilienmärkten und wenn sind die Trends relativkurzfristig, also noch nicht nachhaltig. Einen nachhaltigen Trend könntenSolarunternehmen in China werden.
Die Finanzszenesäubert sich gerade und stellt sich neu auf. Ich erwarte weiterMega-Übernahmen. Arabisches Geld wird ganz gezielt in Industrie und Finanztitelfließen. So hängt das Schicksal von Porsche mit 10 Mrd. € Schulden von demEinstieg aus Katar ab. Aber auch die Hedgefonds stellen sich neu auf. China wirdweiter ganz gezielt Rohstoffunternehmen mit hohen Reserven aufkaufen und dafürauch hohe Aufgelder zum Marktpreis zahlen. Im Mai gab es erstmals widerpositive Ergebnisse bei Hedgefonds und auch Mittelzuflüsse im Volumen von 1,5Mrd. USD. Ein weiterer Trend ist, dass aus Anleihen vermehrt Aktien werden, wasdas Aktienangebot erhöhen wird. In Russland wird der Staat im Herbst vermehrtVorzugsaktien gegen Anleihen im Rahmen eines „debt to equity-swaps“ erhalten,was man auch Nationalisierung auf leisen Sohlen nennen kann. Zudem gibt esweltweit vermehrt Wandelanleihen. AuchLBO-Bonds werden in Aktien umgewandelt, was den Markt der Neuemissionen miteinem Volumen von 2 Billionen USD bereichern wird. Zudem wird immer mehr Geldin Rohstoff-, Anleihen und Aktien-ETFs investiert werden, wobei es hierdemnächst vermehrt auch gehebelte Produkte geben wird. Bisher war die Transparenzund die niedrigen Transaktionskosten der große Vorteil von ETFs, die zahlen-und volumenmäßig immer mehr zunehmen. Liquidität ist genug vorhanden, weltweit über20 Billionen USD, die im Moment fast zinslos geparkt wird und demnächstrenditewirksamer Anlagemöglichkeiten suchen und finden wird.
DasHauptproblem bleiben die toxischen Produkte, einige Banken benötigen keineStaatshilfe mehr wie Goldman Sachs und JP Morgan – hier werden auch die Boniwieder kräftig fließen (es bleibt hier also alles beim Alten) – andere Bankenwie die CIT werden Pleite gehen, wobei die Staatseingriffe in Form von direkterBeteiligung und bad banks weiterhin notwendig sind. Hier sind die Mittel aberdemnächst begrenzt für Rettungsmaßnahmen. Ich rechne aber in der 2. Hälfte mitder Ankündigung von weiteren Konjunkturprogrammen, da zunächst die meisten Gelderzur Stützungen von Banken mit systemischen Risiken aufgewendet, um nicht zusagen, verpulvert wurden. Auch wird die Kreditausfallquote bei Bankenansteigen, je nachdem wie lange die Konjunkturschwäche anhält. Die Staatskassenwerden immer leere und auch die Arbeitsämter müssen hohe Defizite verkraften.
Nach demstarken Kursanstieg in der letzten Woche bleibt die Hoffung auf die Fortsetzungder Sommerrallye, wobei dies von den nächsten Quartalszahlen der US-Blue Chipsabhängig wird. Ein Positionsaufbausollte dennoch nicht ohne Stopp-loss-Marken getätigt werden. Ich bleibe dabei:wenn der S&P nachhaltig unter 875 Indexpunkte fallen sollte, weil docheinige bedeutende Untemehmen beim Gewinn oder auch Konjunkturdaten enttäuschen,sollten Sie auch an den Ostbörsen vermehrt (oder vollständig) in Liquiditätgehen. Ich rechne mehr mit einer volatilen Seitwärtsbewegung, also einemS&P zwischen 950 und 900 im Trading-Bereich. Vor allem rechne ich mit einemWechselbad der Gefühle, weil es positive (wie bei Apple?) und schlechte Quartalszahlen (wie bei Yahoo?) gebenwird, wobei aber die positiven überwiegen werden. Jeder Unternehmensvorstand,der jetzt eine schlechte oder gar kein Guidance für das zweite Halbjahr abgibt,wird von der Börse abgestraft wie zuletzt Nokia mit einem eher verhaltenenAusblick. Aufgrund des Basiseffektes werden einige Unternehmen aber auchmerklich Gewinnsteigerungen zumindest zum Vorquartal zu vermelden haben, was der Börse wiederNahrung für eine fortgesetzte Sommerrallye geben wird. Solange aber die200-Tgaeslinie noch fällt, befinden wir uns in intakten Bärmärkten.
Der RTSkönnte in einem positiven Weltbörsenumfeld das Pull back auf 1000 Indexpunkteschaffen, wobei dann der Ölpreis wie Richtung 70 USD/Barrel tendieren müsste.Wenn der S&P aber den Widerstand bei 950 Indexpunkte knackt, sollten Sieauch schnell wieder den Aktienanteil an den Ostbörsen erhöhen und dabei sogarRussland übergewichten, denn dann kann es ein Sommerrallye bis 1000 Indexpunktegeben. Der DAX wird dann auch die 5000-er Marke (noch besser 5200) knacken und der Dow Jones die 9000-er Marke dann wirdkurzfristig eine Rallye ausgelöst. Es kann aber auch sein, dass uns dasübliche Sommertheater alle Sommerträumezunichte macht. Die meisten Anleger werden davon aber ohnehin wenig bis garnichts mitbekommen, da sie sich in Urlaub befinden. Bei einem S&P vonnachhaltig über 950 Indexpunkte werde ich bullish und bei unter 875 bearish –auch an den Ostbörsen.
Welche Aktienaus Osteuropa jetzt im Trading-Bereich ge- oder verkauft werden sollten, könnenSie auf der täglich aktualisierten Ostbörsen-Hotline 09001-8614001 (1,86 €/Min)entnehmen. Radio+TV-Hinweis: Der Autor wurde am 1.und 3. Juli 2009 von der Deutsche Welle im Radio über die Aussichten vonKasachstan und Russland befragt. Sie können sich das Interview und denOnlinebeitrag unter www.eaststock.de(dort unter de Rubrik Interviews) per link nach www.dw-world.de runterladen (auf Russisch). DerAutor wurde zudem am 6. Juli anlässlich des Besuchs von Obama in Russland in N24 über die Aussichten des russischenAktienmarktes befragt. Wer das Interview verpasst haben sollte, kann sich dasInterview auch unter www.n24.de im Archivanschauen, wenn man „EAST STOCK TRENDS bei der Suchfunktion eingibt. Ein aktuellesInterview über den russischen Aktienmarkt mit dem Autor finden Sie bei www.k2kapital.com (in Russisch).
Einewesentlich ausführlichere Analyse über die Ergebnisse des St. Petersburger Dialogsund die Aussichten des russischen Aktienmarktes können Sie runterladen, wenn Sie jetzt den kostenlosen Newslettter von AndreasMännicke unter www.andreas-maennicke.debestellen.