EU-Kommission als Handlanger der US-Behörden. Empörung über geplanten Zugriff von US-Terrorfahnder auf Bankdaten. Datenschutzbeauftragter Dix: "Pläne zurunkontrollierten und heimlichen Ausspähung von europäischen Bankdaten völliginakzeptabel.“ EU ignoriert Kritik.
Die Europäische Union gibt sich gerne als moralische Instanz, die Bürgerrechte schützt und in Sicherheitsfragen auf Augenmaß achtet.
Nun aber schicken sich die Regierungen zu beiden Seiten des Atlantiks an, einen Verstoß gegen Datenschutzregeln und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verlängern, der aus Bush-Zeiten stammt: Die Ausspähung von Bankdaten europäischer Kunden durch US-Geheimdienste, angeblich zur Bekämpfung des Terrors.
Dieses Motiv wirkte schon bei Bekanntwerden der illegalen Praxis vor drei Jahren wie an den Haaren herbeigezogen. Seither haben weder Brüssel noch Washington einen Beleg dafür geliefert, dass die Durchleuchtung der Daten beim europäischen Finanzdienstleister Swift Anschläge verhindert oder die Ermittlungen gegen Terrorverdächtige vorangebracht hätte.
Das geplante neue Abkommen nun zeigt, dass Europa nahtlos von hilfloser Kritik an Bush zu vorauseilendem Gehorsam gegen Obama übergegangen ist.
Widerstand zwecklos?
Datenschützer und Politiker habenempört auf Pläne der EU-Kommission reagiert, US-Terrorfahndern denZugang zu den Bankdaten europäischer Kunden zu gewähren.
Der BerlinerDatenschutzbeauftragte Alexander Dix sagte der „Berliner Zeitung“: „DiePläne zurunkontrollierten und heimlichen Ausspähung von Bankdaten ist völliginakzeptabel.“ Sollte dies umgesetzt werden, müssten die Europäer damitrechnen, dass viele ihrer Transaktionen von US-Behörden überwachtwürden.
Dix forderte die Bundesregierung auf, sichden Plänen zu widersetzen: „Deutschland darf dem nicht eilfertigzustimmen.“ Er habe den Verdacht, dass die EU die Pläne noch schnellvor dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages durchziehen wolle, weildanach eine Zustimmung des EU-Parlaments nötig werde.
Das unabhängige Datenzentrum in Schleswig-Holstein kritisierte diePläne ebenfalls. „Es erstaunt, dass die EU-Kommission anscheinend dieeuropäischen Datenschutzwerte so leichtfertig aufgeben möchte und sichals Handlanger der US-Behörden anbiedert“, sagtedie Vize-Leiterin des Zentrums, Marit Hansen.
Der EU-Abgeordnete Wolfgang Kreissl-Dörfler (SPD) bemängelte dasTempo: „Es gibt überhaupt keinen Grund, das Thema hopplahoppdurchzuziehen.“
Der FDP-Innenpolitiker Max Stadler kritisierte den mangelndenDatenschutz. „Deshalb lehnen wir das Abkommen ab“, sagte Stadler der„Berliner Zeitung“. Die Vize-Vorsitzende der Linkspartei, HalinaWawzyniak, warf den USA eine Terror-Paranoia vor. Sie warnte:„Die Gefahr ist, dass jeder Bürger, der nur einen Cent von Konto zuKonto überweist, komplett durchleuchtet wird.“