Ein Journalist veröffentlicht eine Liste mit Steuerdieben, die das Land von innen heraus aushöhlen. Was macht der Staat? Er verhaftet den Journalisten wegen Diebstahls.
von Carsten Englert
Man muss schon viel Energie aufbringen sich nicht darüber aufzuregen: Im Jahr 2010 hatte Christine Lagarde dem griechischen Finanzminister eine Liste mit möglichen griechischen Steuerhinterziehern überreicht. Doch passiert ist nicht viel. Doch nun hat ein mutiger griechischer Journalist das Thema wieder aufgegriffen und eine Liste mit 2.000 Namen von möglichen Steuerhinterziehern – die genannten haben alle Konten in der Schweiz – in seinem Magazin veröffentlicht. Man könnte meinen, nun kommt Bewegung in die Sache und in Griechenland kommt es endlich zu mehr Gerechtigkeit. Während die Oberschicht viele Milliarden Euro am Fiskus vorbeigeschleust hat, werden Mittel- und Unterschicht immer heftiger ausgepresst und müssen Rückgänge von teilweise mehr als 50 Prozent beim verfügbaren Gehalt hinnehmen. Doch weit gefehlt! Was ist passiert? Die Polizei hat den Journalisten wegen Diebstahls verhaftet. Das hat schon eine gewisse Chuzpe, denn die eigentlichen Diebe sind die Menschen auf der Liste! Während sie Milliarden ins Ausland geschafft haben, schieben wir wieder unsere Milliarden zur Rettung Griechenlands rüber.
Die Unverfrorenheit, mit der die Diebe dabei vorgehen, stellt ein griechischer Autor in einem Artikel dar, der auf Spiegel Online veröffentlicht wurde. Während die griechischen Reeder, die zu den größten der Welt zählen, ganz legal keine Steuern zahlen, haben es beispielsweise viele Anwälte so gemacht, dass sie immer nur das ge- setzliche Mindesthonorar quittiert haben, gleichzeitig aber teilweise ein Vielfaches des Betrages verlangt haben.
Laut dem Artikel haben die reichen Griechen alleine im Jahr 2009 29 Milliarden an Steuern hinterzogen! Sollte es in jedem Jahr so sein, müssten die Behörden nur 12 Jahre ordentlich alle Steuern eintreiben und schon wäre Griechenland Schuldenfrei!! Es liegt mir fern, in irgendeiner Weise populistisch zu argumentieren. Doch als ehrlichem Steuerzahler ballt sich da die Hand in der Hosentasche zur Faust, wenn wieder neue Milliardenpakete für Griechenland beschlossen werden. Herr Samaras, übernehmen Sie, es gibt Handlungsbedarf!
Doch es steht nicht zu erwarten, dass sich daran was ändert. Schließlich sind auch einige der Partei Samaras, der Nea Demokratia, sehr nahestehende Personen auf der Liste vertreten. Doch ohne eine rigorose Abkehr von der Selbstbedienungsmentalität der wirtschaftlichen Elite des Landes wird Griechenland nicht mehr auf die Beine kommen und weiterhin ein großer Belastungsfaktor für die Eurozone werden.
Ein erneuter Schuldenschnitt wird noch vorsichtig diskutiert. Vordergründig wird er zwar noch abgelehnt – vor allem von Frau Merkel – doch wenn die letzten beiden Jahren eines gezeigt haben, dann das, dass auf die Zusicherungen der Regierung Merkel, wenn es um die Schuldenkrise geht, überhaupt kein Verlass ist – doch dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis er kommt. Das wiederum dürfte die Märkte erneut durchschütteln.