Facebook will mit seiner neuen Währung "Libra" im Geldsystem mitmischen. Doch die Gefahren sind überdeutlich. Wer nicht nach Facebook tanzt, dem wird das Konto gesperrt, und das Geld eingezogen. Orwell in reinster Form?
Börsen-Zeitung: "Unterschätzte Gefahr". Kommentar zur Reaktion der G7-Finanzminister und -Notenbanker auf Facebooks Libra von Gesche Wüpper
In der jetzigen Form könne Facebook mit dem Projekt einer eigenen Kryptowährung nicht einfach so weitermachen, verlangen die Finanzminister und Zentralbanker der G7-Industriestaaten. Auch wenn die Einführung von Libra nach Ansicht einiger Vertreter der Digitalwirtschaft unausweichlich scheint, äußerten die Vertreter der USA, Frankreichs und Deutschlands "schwere Bedenken" gegen Libra.
Die Sorge ist durchaus berechtigt - aber aus einem anderen Grund: Denn Teile der Bevölkerung haben angesichts niedriger Verzinsung oder gar Negativverzinsung bereits jetzt das Vertrauen in die Notenbanken verloren. Die Gefahr, dass sich Verbraucher trotz vieler ungeklärter Fragen deshalb einer solchen Kryptowährung zuwenden, ist groß.
Währungen, die bereits jetzt stark unter Misstrauen leiden, dürften die größten Verlierer sein. Doch auch die großen Leitwährungen wie der Dollar und der Euro dürften den Vertrauensentzug spüren. Das würde das gesamte Währungssystem schwächen.
Wenn man bedenkt, mit welch rasendem Tempo die Digitalisierung voranschreitet, dürften die meisten Politiker die Geschwindigkeit sogar noch unterschätzen, mit der eine Kryptowährung von Facebook weltweit angenommen werden könnte.
Selbst wenn Libra strengen Auflagen unterliegen würde, um Geldwäsche, die Finanzierung von organisierter Kriminalität, Menschenhandel und Terrorismus zu verhindern, würde das nichts daran ändern, dass Facebook seine Macht mit der Einführung einer solchen Währung nur noch weiter ausbauen würde.
Dabei hat der Konzern von Mark Zuckerberg bereits jetzt genau wie die anderen Internetgiganten viel zu viel davon, da sie die Daten von Verbrauchern sammeln und auswerten. Selbst wenn Verbraucher mit Libra via Facebook oder Whatsapp nur kleine Beträge etwa für einen Kaffee bezahlen würden, würde der Konzern aus Kalifornien die Kontrolle über noch mehr Daten erhalten.
Ein Blick nach China zeigt, dass die enge Vernetzung von sozialen Netzwerken und Zahlungssystemen ermöglicht, das Leben der Menschen besser zu kontrollieren.
Damit wächst auch die Gefahr für die Demokratie. Denn wenn Verbraucher nur noch die Angebote eines Internetgiganten nutzen, könnten dort Parallelwelten mit eigenen Regeln außerhalb der geltenden Rechtsstandards entstehen.
Libra ist nur eines der Symptome, wie Facebook, Google, Amazon und Co immer mehr zu eigenen, unkontrollierbaren Staaten werden. Die Zeit, sie strengeren Regeln zu unterwerfen, ist mehr als reif. Die Politik muss handeln, bevor es zu spät ist.