Der Niedergang der Autoindustrie ist der wichtigste Grund für die drohende Rezession in Deutschland. Noch wird der Rückgang kleingeredet. Prämien für E-Autos und Abwrackprämien für Verbrenner sind jedoch keine Lösung.
Börsen-Zeitung: "Nur eine Schwäche"
Kommentar von Angela Wefers zur konjunkturellen Eintrübung
Den Apologeten einer heraufziehenden Konjunkturkrise haben sich die Wirtschaftsforschungsinstitute im Herbstgutachten entgegengestellt. Eine Schwäche: ja, eine Rezession: nein.
Noch sind die Produktionskapazitäten überausgelastet und erst auf dem Weg zur Normalisierung. Es ist die deutsche Industrie, die das Wachstum dämpft, besonders die Automobilbranche. Die Gründe dafür sind hausgemacht. Verbrennungsmotoren hat die Klimadebatte zu Modellen von gestern gemacht. Automobile mit neuen Antriebstechniken sind noch nicht einsatzbereit. Mit Konjunkturprogrammen ist dies nicht zu lösen.
Die Forscher brandmarken darüber hinaus zu Recht den Widersinn, mit einer Abwrackprämie funktionsfähige Konsumgüter zu verschrotten. Da kann nur trösten, dass die staatlichen Prämien für Elektroautos ohnehin nicht abfließen, weil die Autofahrer von dieser Technik (noch) nicht überzeugt sind.
Die Konjunkturprognose steht auf wackeligen Beinen. Virulente Risiken sind nicht enthalten und können das Bild noch deutlich verändern. Unterstellt werden ein weicher Brexit und lediglich anhaltende Unsicherheit im internationalen Handelsstreit.
Die deutschen Makroökonomen wären in der Tat überfordert, sollten sie die nächste Volte eines Boris Johnson zur strittigen Irlandfrage oder des Dealmakers Donald Trump zu Strafzöllen in Zahlen fassen. Unberechenbare Politiker erschüttern nicht nur die Gesellschaft, auch die Wirtschaft leidet massiv.
Konjunkturprogramme wären unwirksam gegen diese Art von Verunsicherung der Investoren. Unternehmen, die den Rahmenbedingungen nicht trauen, werden auch kein Geld in die Hand nehmen, wenn es staatlich erleichtert wird. Finanzierungen sind nach wie vor günstig.
Zur Aussage der Forscher, die "schwarzen Null" solle eine konjunkturgerechte Finanzpolitik nicht einengen, lohnt es sich, das Kleingedruckte in der Herbstdiagnose zu lesen. Dort erinnern die Gutachter an die angesammelten Überschüsse beim Bund, die in den nächsten Jahren verschwinden werden. Die Finanzpolitik ist damit expansiv. Ausgeben kann ein solider Finanzminister diese Gelder nur einmal.
Eine - durchaus angezeigte - Unternehmenssteuerreform, die sich die Industrie wünscht, muss anders finanziert werden. Diejenigen, die der "schwarzen Null" Ade sagen wollen, können die Herbstgutachter dafür jedenfalls nicht als Zeugen aufrufen. Nur bei einem schlechteren Bild, als die Prognose es zeichnet, halten die Forscher dies für angezeigt. Die Schuldenbremse gilt in jedem Fall.