Die Welt im Corona-Wahnsinn. Börsen crashen, Finanzmärkte taumeln. Ist dies das Ende der Welt oder alles nur grenzenlose Hysterie? Oder ist Corona am Ende gar harmloser als eine normale Grippe? Der "Durchdreheffekt" seitens Behörden und Staaten könnte gefährlicher als das Virus sein.
von Sven Weisenhaus
Zu der Analyse der chinesischen Einkaufsmanagerdaten von Mittwoch und dem erneuten Rat, angesichts der relativen Stärke des chinesischen Aktienmarktes „einen ordentlichen Anteil des verfügbaren Kapitals in China anzulegen“, hat mich gestern eine Leser-Mail erreicht. Deren Inhalt möchte ich gerne an Sie weitergeben, denn der Leser wies auf weitere interessante Aspekte hin.
Chinesischer Aktienmarkt profitiert von staatlichen Eingriffen
So habe die Regierung in Peking Leerverkäufe verboten. Außerdem müsse der Verkauf einer „großen“ Position genehmigt werden, so der Leser. Und aus diesen stattlichen Maßnahmen und Beschränkungen des Börsenhandels leitet er die relative Stärke chinesischer Aktien ab.
Und weiter: „Trotzdem ist Ihr Gedanke sehr interessant, in den chinesischen Markt umzuschichten, da China sicher als erstes Land die Krise hinter sich lassen wird. Da aber eine Corona-Krise im Rest der Welt auch China wirtschaftlich treffen wird, halte ich einen Einstieg generell noch für zu früh!“
Und da gebe ich dem Leser in fast allen Punkten Recht. Lediglich über den Einstiegszeitpunkt kann man streiten. Aber dazu verweise ich auf die vorangegangene Analyse zum chinesischen Aktienmarkt vom 14. Januar.
Darin war zu lesen, dass „ich für die US-Indizes (und auch den DAX) immer skeptischer [bin] – auch aufgrund der Elliott-Wellen – während ich am chinesischen Aktienmarkt noch charttechnisches Kurspotential sehe“. Und daher lautete mein Rat konkret, neben „anderen Absicherungsmaßnahmen […] einen Teil des vorhandenen Kapitals in den chinesischen Markt umzuschichten“.
Es ging mir also gar nicht so sehr um einen Neueinstieg, sondern darum, bestehende Positionen aus den extrem hoch bewerteten US-Märkten teilweise abzuziehen und das freiwerdende Kapital stattdessen in China zu investieren. Und das erscheint mir angesichts der aktuellen Kursentwicklungen und der Überlegung, dass China als erstes das Schlimmste hinter sich haben wird, jedenfalls nach wie vor eine gute Idee.
Wie stark wird die Wirtschaft wirklich belastet?
Dabei muss man aber natürlich auch den chinesischen Aktienmarkt derzeit weiter genau im Auge behalten und im Falle neuer Abwärtswellen auch durchaus wieder entsprechende Konsequenzen ziehen. Es könnte Sinn machen, mit dem freiwerdenden Kapital schrittweise einzusteigen, also bei steigenden Kursen nachkaufen und dabei die bestehenden Positionen auf Einstandskurs absichern. Denn noch weiß niemand, wie stark die Wirtschaft tatsächlich belastet wird.
Aus einer aktuellen Umfrage unter 40 Wirtschaftswissenschaftlern geht hervor, dass das chinesische BIP-Wachstum im 1. Quartal 2020 nur noch bei 3,5 % erwartet wird, nach noch 6,0 % im Schlussquartal 2019 und erwarteten „5 % oder tiefer“ am 31. Januar. Das wäre nun schon ein herber Einbruch im Vergleich zum bisherigen Verlauf der Wachstumsraten.
Das Coronavirus bestimmt inzwischen allein über die Geldpolitik
Bemerkenswert ist auch, dass Fed-Notenbanker Robert Kaplan inzwischen die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus als zentralen Faktor bei der nächsten Zinsentscheidung genannt hat, da die sonst herangezogenen Wirtschaftsdaten angesichts der sich schnell ändernden Lage nicht nützlich seien.
Eine derartige Aussage zeigt die Angst, die man inzwischen vor den Folgen der Epidemie bzw. Pandemie hat. Es ist scheinbar nicht einmal mehr genügend Zeit, um erst einmal die Wirtschaftsdaten für den Monat Februar abzuwarten, um einer erwarteten Wirtschaftsschwäche entgegenzutreten, weil sich die Spirale, die sich durch die Gefahr der Ansteckung in Gang gesetzt hat, wohl derart schnell zu drehen scheint, dass lieber sofort gehandelt wird, sobald sich nur die Zahl der Neuinfektionen dynamisch erhöht.
Übertriebene Panik?
Ich kann das nur noch mit Erstaunen und auch einer gehörigen Portion Verwunderung zur Kenntnis nehmen. Zumal ich heute auf folgende Zahlen stieß: Laut Statista sind weltweit aktuell ca. 99.000 Menschen mit dem Coronavirus infiziert.
Derweil wurden in der aktuellen Grippesaison bislang allein in Deutschland rund 119.000 Influenzafälle festgestellt.
Ärzteblatt: An der Influenza sind in dieser Saison in Deutschland nachweislich bereits rund 200 Menschen gestorben. Das geht aus den jüngsten Daten der Arbeitsgemeinschaft Influenza am Robert-Koch-Institut (RKI) hervor.
Seit Oktober 2019 wurden demnach insgesamt 119.280 labordiagnostisch bestätigte Influenzafälle an das RKI übermittelt. Rund ein Sechstel (17 Prozent) dieser Erkrankungen verlief so schwer, dass Patienten ins Krankenhaus kamen.
Ich lasse die Zahlen zusammen mit der Aussage von Herrn Kaplan einfach einmal unkommentiert. Nur so viel: Es herrschen eindeutig panikartige Zustände, ob begründet oder unbegründet. Veranstaltungen werden reihenweise abgesagt, Regale leergekauft.
Am Aktienmarkt finden irre Kursbewegungen statt, genauso wie am Devisenmarkt oder bei den Rohöl- und sonstigen Rohstoffpreisen. Mit diesen Entwicklungen muss man umgehen, ob man sie nun verstehen und nachvollziehen kann oder nicht.