Die Politik geht ohne Rücksicht mit der Abrißbirne gegen die Wirtschaft vor. Sollte es zu einem zweiten Lockdown kommen, droht Ungemach. Die Reserven sind aufgebraucht.
Angesichts drastisch steigender Corona-Infektionszahlen wächst in der deutschen Wirtschaft die Angst vor einem erneuten Herunterfahren des öffentlichen Lebens. „Es ist in der Tat schwer vorstellbar, dass wir einen zweiten Lockdown wie in den Monaten März bis Mai ohne schwere, nachhaltige Wohlstandseinbußen verkraften könnten“, sagte der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther.
Auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, warnte: „Eine zweite Infektionswelle, die nochmals so umfangreiche Restriktionen erfordern und Verwerfungen verursachen würde wie die erste, dürfte die deutsche Wirtschaft härter treffen.“
Viele Unternehmen hätten ihre Rücklagen aufgebraucht und seien stark verschuldet. „Das Resultat von umfangreichen Restriktionen in der gegenwärtigen Situation dürfte eine massive Zunahme von Unternehmensinsolvenzen sein, die auch die Arbeitslosigkeit in die Höhe und das Finanzsystem schwächen dürfte.“
Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Gabriel Felbermayr, mahnte, eine Wiederholung des „wirtschaftlich extrem teuren“ flächendeckenden Lockdowns vom Frühjahr müsse „auf jeden Fall verhindert werden“. „Dazu gehört, jetzt die Eindämmungsmaßnahmen zu verschärfen, um härtere Eingriffe in zwei Wochen zu verhindern.“ Die ökonomischen Nebenwirkungen der Maßnahmen müssten aber immer mit im Blick sein.
Allerdings geben die Ökonomen auch zu bedenken, dass die derzeitigen Infektionszahlen mit denen aus dem Frühjahr nicht vergleichbar seien. „Die Dunkelziffer war damals sehr viel höher“, sagte Felbermayr. Die RKI-Zahlen seien wegen ganz anderer Testvolumen anders zu interpretieren.
Auch IW-Chef Hüther sagte, dass die Corona-Lage mit der im Frühjahr schon allein wegen der viel größeren Anzahl von Tests nicht zu vergleichen sei. Die Politik solle daher „auf pädagogisch motivierte Dramatisierungen und schlecht begründete Maßnahmen wie das Beherbergungsverbot verzichten“.
Das sieht auch Ifo-Präsident Fuest so: „Ökonomisch sind Beschränkungen vorzuziehen, die wirtschaftliches und gesellschaftliches Leben ermöglichen, wie Maskenpflicht und mehr Tests inklusive Schnelltests“, sagte Fuest. Maßnahmen wie Beherbergungsverbote seien schädlicher.