Die Reaktionen an den Finanzmärkten auf die US-Wahl. Wie geht es weiter an den Börsen? Was macht der Dollar? Es sieht zumindest an den Aktienmärkten nicht ganz finster aus.
Börsen-Zeitung: "Hoffentlich bald ausgetrumpt" Kommentar zur Reaktion der Anleger auf die US-Wahl von Werner Rüppel
Die Wahl zum US-Präsidenten ist entschieden. Der Demokrat Joe Biden lag klar vorne und hatte zudem in mehreren US-Staaten, in denen der Ausgang noch nicht feststand, die Führung übernommen.
Die Aktienmärkte haben bereits reagiert und in den vergangenen Tagen deutlich zugelegt. Denn ein klares Ergebnis der Wahl, auch wenn es ein paar Tage dauern mag, nimmt Unsicherheit. "Vor der Wahl ist Ruhe, danach beginnt der Honeymoon", sagt Manfred Hübner von Sentix in seiner Analyse des US-Präsidentschaftszyklus. Ist die Wahl nämlich entschieden, steigen die Aktienkurse.
Insbesondere dass es keine "blaue Welle" gegeben hat und es den Demokraten wohl nicht gelungen ist, auch die Mehrheit in beiden Häusern zu erobern, ist für die US-Aktienmärkte günstig.
"Die Konstellation eines demokratischen US-Präsidenten, welcher nicht durchregieren kann, war historisch besonders gut für Aktien", betont Stratege Uwe Streich von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Denn immer wenn die Demokraten eine Politik betreiben mussten, die auch von den Republikanern mitgetragen werden konnte, haben US-Dividendentitel in der Vergangenheit weitaus besser abgeschnitten als bei einem demokratischen Durchmarsch.
"Ein republikanisch dominierter Senat wird die Politik einer neuen Biden-Regierung erheblich einschränken", meint auch Mark Dowding, Chefanlagestratege bei Bluebay Asset Management.
"Steuererhöhungen, eine übermäßige Regulierung in den Bereichen Energie, Finanzdienstleistungen und Gesundheitswesen sowie die Aufspaltung von Big-Tech-Unternehmen werden aufgrund des Ausbleibens einer blauen Welle unwahrscheinlicher." Dies werde US-Aktien und vor allem die Nasdaq stützen.
Bleibt die blaue Welle nun aus, dürfte es laut Rob Samson von Nikko Asset Management keine Reflationierung nebst höheren Anleiherenditen und eine Rotation von Wachstum zu Value geben. Denn dies "würde einen Stillstand für die geplanten umfangreichen fiskalischen Aufgaben bedeuten." Folglich würde zumindest auf kurze Sicht "Growth" besser laufen als "Value", und die Renditen der US-Treasuries dürften sich auf niedrigem Niveau stabilisieren. Zudem geht Samson davon aus, dass China eindeutig von einer Biden-Regierung profitieren würde.
Auch die Erwartungen zum Dollar haben zuletzt gedreht. Die Deutsche Bank geht jetzt nicht mehr von einer Abschwächung der US-Valuta gegenüber dem Euro aus und weist auf eine aktuell hohe Unsicherheit hin.
Denn neben dem geschilderten positiven Szenario für Aktienanleger gibt es noch ein ernstzunehmendes Risikoszenario. So mag die Wahl zwar entschieden sein, doch hat der Populist Donald Trump noch nicht aufgegeben und versucht anscheinend alles, um an der Macht zu bleiben. Trump spricht von Wahlbetrug und legt Klagen ein.
"Die Öffentlichkeit wird hiermit einmal mehr Zeuge eines Trumpschen Pippi-Langstrumpf-Moments: 'Ich mache mir die Welt, so wie sie mir gefällt", meint Streich.
Doch drohe mit der Anfechtung eine Hängepartie, ähnlich wie im Jahr 2000, "als der demokratische Kandidat Al Gore zunächst das Wahlergebnis in Florida anfocht und später noch in vier weiteren Wahlkreisen Handauszählungen forderte." Damals gab der S&P 500 bis zum endgültigen dritten Schiedsspruch des Supreme Courts am 12. Dezember zwischenzeitlich um bis zu 8% nach.
Vor Gericht dürfte Trump angesichts fehlender Argumente zwar kaum Chancen haben. Doch belastet Unsicherheit eben die Märkte. Zudem könnte es zu Gewalteskalationen in einzelnen Städten kommen, falls Trump das Wahlergebnis nicht anerkennt.
"Trump ist ein Dealmanager, er wird jetzt so lange lästig sein, bis er daraus persönlich Kapital schlagen kann und unbehelligt seinen Platz räumt", meint Volker Schilling von Greiff Capital Management. Hier beginne die Jahresendrally an den US-Börsen.