Die „neue Normalität“ nach Corona wird nicht mehr die alte sein. Was wir derzeit erleben, ist der „Great Reset“ in Kombination mit dem EU–„Green Deal“. Die Weltwirtschaft wird in Rekordgeschwindigkeit umgebaut.
von Sascha Opel
Die „neue Normalität“ nach Corona wird nicht mehr die alte sein. Was wir derzeit erleben, ist der „Great Reset“ (Motto des diesjährigen, digitalen Davos-Treffen des Weltwirtschaftsforums) in Kombination mit dem „Green Deal“ der EU - und nun auch der USA. Die Weltwirtschaft wird in Rekordgeschwindigkeit umgebaut und die Börsen nehmen diesen Umbau in ebenso großer Rekordgeschwindigkeit vorweg.
Firmen, die künftig ihre Dienstleistungen nicht mobil übers Smartphone anbieten, dürften es schwer haben. Gabor Steingart schreibt heute: „Die Transformationen analoger Lebenswelten beschleunigt sich, der Niedergang der Tageszeitung, das Sterben von Bankfilialen und Geschäften, das Siechtum der Messe- und Kongressveranstalter sind nur die Ouvertüre.
Auch auf das analoge Bildungssystem, die Bargeldwirtschaft und die Produktion von technologisch unverbundenen Geräten wie Heizkörpern und Automobilen, wartet das Requiem der Geschichte.“
Die digitalen Champions, wie Apple, Alphabet, Amazon oder Facebook sind in dieser neuen Welt noch mächtiger als sie es schon zuvor waren. Die mobile Datennutzung je Smartphone steigt exponentiell. Während die traditionellen Banken dahinsiechen und ihr schwindendes Geschäft durch Gebührenerhöhungen und Filialschließungen „kompensieren“, erleben Onlinebroker wie Flatex (über 160.000 neue Konten alleine im Januar), Smartbroker, Robinhood oder Trade Republic einen wahren Kundenansturm, der denjenigen zur Aktieneuphorie von 1998 bis 2000 sogar in den Schatten stellt.
Nach dem erfolgreichen IPO von Auto1 (45% Kursplus zum ersten Kurs und selbst zum Wochenausklang mit 52 Euro noch deutlich über dem Emissionspreis von 38 Euro) eröffnen Anleger bereits wieder Depots bei verschiedenen Onlinebrokern, um die Zuteilungschancen bei künftigen Neuemissionen mit Aussicht auf hohe Zeichnungsgewinne (wie dem Wasserstoff-Spezialist Friedrich Vorwerk) zu erhöhen.
Das ganze erinnert immer mehr an das Jahr 1999. Die Frage, ob wir uns vergleichsweise Anfang oder Ende 1999 befinden, muss angesichts des Neukundenansturms auf die Onlinebroker nun wohl eher mit „Anfang“ beantwortet werden.
Der legendäre Börsen-Altmeister Andre Kostolany sagte einmal: „An der Börse kommt es nur darauf an, ob es mehr Aktien als Idioten gibt, oder andersrum.“ Im Moment scheint es zumindest nicht genug Aktien zu geben.
Bewertungen werden ignoriert, der Markt preist die Kombination aus „Great Reset“ und „Green Deal“ mit teilweise extrem sportlich anmutenden Bewertungen bei Wasserstoff– und allen „grünen“ Aktien ein. Der Aktienmarkt scheint hier in Teilbereichen von der Leine gelassen worden zu sein und läuft wie ein Hund weit voraus.
Zum besseren Verständnis für junge Leser, muss André Kostolany noch einmal herhalten.
Er verglich das Verhältnis zwischen der Wirtschaft und der Börse einmal mit einem Mann, der mit seinem Hund Gassi geht. Manchmal geht der Hund (die Börse) neben seinem Herrchen (der Wirtschaft) her, ein anderes Mal läuft er aufgeregt vorneweg, und wieder ein anderes Mal trabt er uninteressiert und langsam hinterher.
Bei vielen „grünen Hype-Aktien“ - wie aus dem Wasserstoffbereich - scheint der Hund schon weit vorausgelaufen zu sein, während das Herrchen (die Wirtschaft) noch längst nicht so schnell läuft. Heißt aber noch lange nicht, dass der Hund sich nicht noch viel weiter vom Herrchen entfernt, bis es ihm einfällt, doch mal wieder umzukehren.
Sprich: Die Kurse könnten hier noch viel höher und schneller steigen, bevor diese zurückkommen. Von der Politik ist dieser Zustand gewünscht und wird begleitet. Es soll möglichst viel Kapital in diese Sektoren fließen, um den Umbau der Wirtschaft - weg von CO2 - zu beschleunigen.
Bei Gold– und Silberaktien scheint es eher umgekehrt. Hier traben die Aktien eher nebenher oder bleiben zurück. Aber Gold und Silber sind - wie Bitcoin - eben keine „gewünschten“ Investments, die es besonders zu fördern gilt.
Bei anderen Rohstoffsektoren und deren Aktien scheint zumindest ein Gleichklang zwischen Hund und Herrchen zu herrschen. Im Endeffekt ist es wichtig, mit einer guten Diversifikation dabei zu sein. Ein Teil der Aktien darf durchaus mal schnell vorauslaufen. Kommen diese zurück, übernehmen bestenfalls die zurückgebliebenen das Kommando. Am Ende kommen (idealerweise) alle gemeinsam zum Ziel.