FDP-Chef Lindner warnt vor Folgen einer möglichen künftigen rot-rot-grünen Regierungskoalition: „Von 26 nicht-deutschen EU-Ländern sind 25 attraktiver als Deutschland, was die Steuern angeht".
FDP-Chef Christian Lindner hat vor Folgen einer möglichen künftigen rot-rot-grünen Regierungskoalition gewarnt. „Und rot-grün-rot, was die an Steuern erhöhen wollen — da werden ganz viele Leute sagen, dann gehe ich halt nach Österreich. Von 26 nicht-deutschen EU-Ländern sind 25 attraktiver als Deutschland, was die Steuern angeht", sagte er im Instagram-Live-Interview mit „Business Insider“. Seiner Ansicht nach käme es Wohnsitzverlagerungen in der EU, in die Niederlande etwa oder eben nach Österreich.
Zudem konkretisierte Lindner das FDP-Konzept der Aktienrente. Demnach sollen zwei Prozent der Summe der gesetzlichen Rentenbeiträge über einen Fonds auf den internationalen Aktienmärkten langfristig angelegt wird. Durch die dort angestrebten Gewinne sollen sowohl das Renten- als auch das Beitragsniveau die gesetzliche Rentenversicherung stabilisiert werden. Der Staat soll weniger Steuergelder in die Rentenkasse zuschießen müssen.
„Über das bisherige Umlageverfahren können wir das Rentenniveau und die Beiträge nicht beide stabilisieren“, sagte Lindner im Interview. „Die Lohnsumme in einer alternden Gesellschaft steigt nicht so stark wie die Renditen an den internationalen Kapitalmärkten.“ Den Fond für die Aktienrente verwalten soll aber nicht unmittelbar die Bundesregierung. „Es soll nach schwedischem Vorbild ein unabhängiges, aber staatlich verwaltetes Management geben“, sagte Lindner. „In Schweden ist das sehr günstig, kostet nur 0,1 Prozent der Rentenbeiträge im Jahr. Das ist mit keinem anderen Produkt auf dem Kapitalmarkt vergleichbar, sondern attraktiver.“
Grundsätzlich sollte das Geld nach Vorbild anderer Länder wie Kanada oder Schweden international angelegt werden. Ob Deutschland bei einer Umsetzung des Konzepts auch in autoritäre Regime wie China investieren würde ? „Wenn sie den Vorgaben der EU-Taxonomie entsprechen, würde dagegen nichts sprechen“, sagte Lindner „Business Insider“. „Aber ich gehe momentan nicht davon aus, dass es solche Unternehmen gäbe, die diesen Standards entsprechen würden.“
Der Fokus eines Aktienrente-Fonds müsse so oder so sein, die Rentenbeiträge für die jüngeren zu stabilisieren und das Rentenniveau für die Alten zu sichern. Lindner warf hier dem Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidatem Olaf Scholz einen „Taschenspielertrick“ vor. Scholz hatte am Dienstag im Bundestag betont, dass die Warnungen aus den 1990er-Jahren, dass die Rentenbeiträge auf extrem hohe Niveaus steigen würden, nicht eingetreten seien. „Da vergisst er, dass er im Nebenjob noch Finanzminister ist“, sagte Lindner. „Wir haben Milliardenzuschüsse in die Rentenversicherung. Bald werden diese ein Drittel des Haushalts ausmachen — das ist nicht finanzierbar.“
Lindner forderte zudem eine „bessere Aktienkultur“: Eine Möglichkeit sei ein Unterrichtsfach Wirtschaft in der Schule, das einem nicht nur den Aktienmarkt und das Rentensystem erklären solle, sondern auch wirtschaftliche Grundlagen wie das Zustandekommen von Miet- oder Arbeitsverträgen, so Lindner.
Im Gespräch mit Business Insider berichtete Lindner zudem, wie er selbst in Aktien investiert: International, einen festen Betrag im Monat in sogenannte ETFs, die Börsenindizes abbilden. Über seine Investitionssummen wollte Lindner nicht sprechen. Wohl aber darüber, dass er auch über das Internet sein Einkommen aufbessert. „Wenn ich Dinge habe, die ich nicht mehr brauche, dann verkaufe ich sie bei Ebay-Kleinanzeigen“, sagte Lindner. Unter anderem sei er dort einen alten Anzug losgeworden.
Letztlich sprach Lindern auch über seine persönlichen Lebenspläne. Unlängst hatte der Liberale bekannt gegeben, dass er sich in Zukunft Kinder wünsche. „Gegenwärtig ist bei mir nichts konkret im Anflug“, sagte er nun jedoch. Auch schloss Lindner aus, bei einer Übernahme eines möglichen Ministerpostens in einer neuen Bundesregierung, in Elternzeit zu gehen — rechtlich ist dies zurzeit auch gar nicht möglich. Richtig so, befand der FDP-Chef: „Ein Bundesministerium ist kein Bereich, wo man über Monate oder ein Jahr nicht mehr dabei sein kann. Dann sollte man ein so hohes Amt doch zeitweise anders besetzen.“