Wie sehr Prozentangaben doch die Sinne verwirren können, sieht man gut am Chart der Tesla-Aktie. Der amerikanische Elektroauto-Hersteller vermeldete am Karfreitag seine...
Von Claudio Kummerfeld
Wie sehr Prozentangaben doch die Sinne verwirren können, sieht man gut am Chart der Tesla-Aktie. Der amerikanische Elektroauto-Hersteller vermeldete am Karfreitag seine Absatzzahlen für das 1. Quartal. Die Börse war gestern aus dem Häuschen.
Die Original-Pressemitteilung von Tesla vom 03.04.2015
Die Aktie von Tesla explodierte gestern geradezu um 6,3%. Warum? Schaut man sich die Artikel der Mainstream-Presse an (nennen wir sie hier mal ganz bewusst so), liest man in den Schlagzeilen fast ausschließlich davon, dass die Absatzzahlen im 1. Quartal 2015 um satte 55% gegenüber dem 1. Quartal 2014 angestiegen sind. Oder man liest von “Sales Record” oder “Tesla races ahead”. Gigantisch, so denkt man – verständlich. Was für eine Steigerung. Die Prozentzahl stimmt ja auch. Genau so könnte man denken, wenn man hören würde “in Griechenland ist die Arbeitslosigkeit um 2% gesunken”. Die Ernüchterung folgt, wenn man sieht, wie viele Menschen denn immer noch arbeitslos sind.
Bei Tesla ist da Problem die pure Zahl an verkauften Autos. Da kann die Steigerungsrate in % auch noch so hoch sein. Gerade mal 10.030 Autos (in Worten “zehntausenddreißig”) Autos hat Tesla in den ersten 90 Tagen im Jahr 2015 verkauft. Kurze Rechenaufgabe: 10.030 / 90 = 111 Autos hat Tesla pro Tag verkauft. Wenn es nur einen “Fabrikverkauf” im Werk in Kalifornien geben würde, könnte Tesla-Chef Elon Musk jeden Käufer mit Handschlag begrüßen, so niedrig sind die Absatzzahlen. Tesla selbst kann man bei dem gestrigen Hype keine Schuld geben. Die nackte Zahl war in der Headline der Pressemitteilung fett gedruckt, die Prozentzahl klein. Nur die Presse hat sich die Prozentzahl als Headline genommen. Klingt für eine Schlagzeile eben schön reißerisch.
Als börseninteressierter Privatanleger, der vielleicht in so eine Aktie investieren möcthe, würde ich mich schon dafür interessieren, wie viele Autos denn tatsächlich verkauft werden. Wer sich mit dem Thema Autoindustrie auch nur minimal beschäftigt, weiß, dass ein Hersteller mit sagen wir mal 50.000 verkauften Autos pro Jahr nicht überlebensfähig ist. Selbst die Luxuswagenhersteller mit kleinen Stückzahlen sind alle unter die großen Konzerndächer geschlüpft. Es ist nur die Frage: Ist Elon Musk (Tesla-Chef) blind? Wie lange kann bzw. will er noch Geld verbrennen? Oder pokert er ganz bewusst darauf, dass Apple, Google, oder sogar VW oder Toyota seinen Laden aufkaufen nach dem Motto “bevor die anderen die Patente kaufen, kaufe ich sie lieber?”
Oder können Sie sich vorstellen, dass ein Nischenhersteller mit 50.000 verkauften Autos pro Jahr, der nur Verluste anhäuft, ohne große Konzernmutter im Rücken, einen Börsenwert von 25 Milliarden Dollar darstellt? Nein? Wir auch nicht, aber Tesla ist derzeit 25 Milliarden Dollar wert. Prost Mahlzeit!
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