Energie-Embargo und die Folgen: Benzin in Ostdeutschland bald rationiert? Habeck: "Möglich, dass Benzin in Ostdeutschland zeitweise knapp wird." Hauptstadtflughafen Berlin bald ohne Kerosin? - Die Sanktionspolitik richtet unübersehbare Schäden an.
Im Falle eines Embargos auf russisches Öl hält Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) es für möglich, dass Benzin in Ostdeutschland zeitweise knapp wird. Eine gefährliche Situation trete ein, wenn regional zu wenig Öl da sei, sagte Habeck "RTL Direkt". Das sei für den ostdeutschen Raum und den Großraum Berlin nicht auszuschließen, weil sie von der Großraffinerie Schwedt versorgt würden, die nur russisches Öl verarbeite: "Es ist nicht auszuschließen, das muss ich leider sagen, dass es tatsächlich zu Knappheiten kommt. Wir werden die lösen können. Aber es kann passieren, dass für eine begrenzte Zeit zu wenig Öl und damit zu wenig Benzin verfügbar ist. Das ist nicht ausgeschlossen." Man arbeite aber an Lösungen, damit dies nicht passiere.
Experten befürchten auch Probleme mit der Kerosinversorgung des Hauptstadtflughafens. Das Kerosin für Berlins Airport stammt ausschließlich von der Raffinerie Schwedt, die von russischem Öl abhängig ist. Völlig ungeklärt ist, ob es Kapazitäten aus dem Westen gibt um das benötigte Kerosin aber auch das Öl in den Osten zu transportieren. Schon jetzt mehren sich warnende Stimmen, dass es weder die nötigen Güterwaggons noch sonstige Transportmittel gibt um das Defizit auszugleichen. Die von der Politik angerichteten Schäden und die damit verbundene zwangsläufigem Preissteigerungen werden derweil allein auf die verarbeitenden Betriebe geschoben.
Die OPEC warnte am Mittwoch, dass man den Ausfall an russischen Kapazitäten nicht ausgleichen könne. Die Folge der Knappheit dürften stark ansteigende Ölpreise sein.
Mit Blick auf die Mineralölkonzerne und Raffinerien sagte Habeck weiter, er finde es richtig, "dass diejenigen, die im Moment hohe Gewinne machen, zu Lasten der Allgemeinheit, davon einen Teil zurückgeben, aber das Steuerrecht ist ein hartes Brett, und das haben wir noch nicht durchgebohrt". Es gebe die Möglichkeit, besonders hohe "Kriegsgewinne" von Konzernen zu besteuern. "Aber sie ist nicht trivial, und das muss ich offen sagen: Bisher gab es keine Möglichkeit, die juristisch sauber einzugrenzen und so zu konzentrieren, dass man nur die Kriegsgewinne besteuert." Insofern sei es ein "politisches Konzept, aber keines, dass die EU oder Deutschland bisher alleine umsetzen konnte".
Deutliche Preissteigerungen
Der Bundesverband der Verbraucherzentrale VZBV befürchtet, dass Mineralölkonzerne das geplanten Ölembargos für deutlichere Preissteigerungen an den Tankstellen missbrauchen könnten. Das müsse Wirtschaftsminister Habeck dringend verhindern, sagte VZBV-Mobilitätsexpertin Marion Jungbluth dem Fernsehsender "Welt". Vermutlich seien auch weitere Entlastungspakete nötig. "Wir haben noch keine Erfahrungen mit einem Ölembargo", so Jungbluth. Niemand könne genau sagen, was dann passiere auf den Märkten, wie sich die Preise entwickeln, ob die Mengen ausreichen werden. "Die Gefahr ist aber groß, dass gerade an den Tankstellen die Preise für Benzin und Diesel steigen werden", sagte die Mobilitätsexpertin weiter. Es bestehe auch die Gefahr, dass Mineralölkonzerne das Embargo ausnutzen, um massive Preiserhöhungen weit über die marktbedingten Steigerungen hinaus durchzusetzen. Das müsse verhindert werden.
"Der Bundeswirtschaftsminister muss mit dem Kartellamt und der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe ganz genau gucken, dass die Preisentwicklungen jetzt wirklich durch das Embargo getrieben sind und sich nicht die Konzerne jetzt noch auf Krisengewinne freuen und sich die Taschen vollmachen." Wenn das zu auffällig werde, dann müsse er reagieren und die Konzerne sanktionieren. "Es ist schwierig, diese Absicht den Konzernen nachzuweisen, aber es gibt ja doch schon Hinweise, dass die Preiserhöhungen, die wir schon erlebt haben, auch nicht ganz konform gehen mit den Marktentwicklungen der Preise und dass da der Verdacht schon etwas nahe liegt. Und da muss der Bundeswirtschaftsminister genau hingucken und das verhindern", ergänzte die Expertin. Es werde aufgrund der zu erwartenden Preissteigerungen weitere Entlastungmaßnahmen brauchen.
Man müsse auch überlegen, ob man die Senkung der Energiesteuer auf Benzin und das 9-Euro-Ticket nicht erst mit Beginn des Embargos starten lassen solle, statt den Effekt jetzt schon verpuffen zu lassen. "Wir erwarten auf jeden Fall, dass es turbulent wird. Der Bundeswirtschaftsminister sagte `Es wird ruckeln`." Das bedeute eine große Verunsicherung für der Verbraucher. "Gerade wenn die Kraftstoffpreise extrem steigen werden, dann sind die Menschen betroffen, die auf das eigene Auto angewiesen sind und vielleicht nicht über hohe Einkommen verfügen und das damit auffangen können." Denen müsse dann gezielt geholfen werden. "Das heißt, wir werden auch weitere Entlastungsmaßnahmen brauchen. Es stellt sich die Frage, ob es sinnhaft ist, dass der Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket zum 1. Juni schon kommt, oder ob wir vielleicht nicht diese Maßnahmen auch später noch brauchen werden. Da sollte die Bundesregierung vielleicht noch mal überlegen, ob sie den Beginn dieser Maßnahmen nicht an das Embargo koppelt."