Notenbanken und Finanzinstitute arbeiten heimlich an digitalen Währungen, um so für eine neue "Eskalationsstufe" bei einer Finanzkrise gewappnet zu sein. Die Technologie orientert sich am Rechnungsbuch des Bitcoin, der sogenannten "Blockchain".
Börsen-Zeitung: Das Versprechen, Kommentar zur Blockchain von Björn Godenrath
Während die hiesige Finanzgemeinde die Kryptowährung Bitcoin grundsätzlich kritisch beäugt, steht sie der zugrunde liegenden Technologie der Blockchain zunehmend offen gegenüber. Bei Bitcoin ist es schon zu dem einen oder anderen Unfall gekommen, ein Durchbruch auf breiter Front wäre wohl nur möglich, wenn die Zentralbanken für eine Bindung an die jeweilige Landeswährung sorgen und damit staatliche Unterstützung gewähren.
Da sind die Notenbanken aber doch wohl eher geneigt, eine eigene digitale Währung zu schaffen, um für den Transmissionsmechanismus geldpolitischer Maßnahmen nicht mehr ausschließlich auf die Geschäftsbanken angewiesen zu sein.
Das mag in vielen Ohren wie ferne Zukunftsmusik klingen und eher den Charme eines bloßen Szenarios besitzen - aber zu oft ist die Geldbranche im Rahmen der Notfallmaßnahmen zur Bewältigung der Finanzkrise mit neuen Eskalationsstufen konfrontiert worden, als dass man eine zentralbankgestützte digitale Währung als pure Spinnerei abtun könnte. Sollten die Notenbanker tatsächlich tätig werden, könnten sie auf die Blockchain zur Verwaltung des Hauptbuches zurückgreifen.
Bevor das so weit ist, sind zunächst mal die Banken damit beschäftigt, die Möglichkeiten der Blockchain zu erkunden. Denn der dezentralen Datenbank mit ihrem aus dem Netzwerk hergestellten Konsensmechanismus zur digitalen Verbriefung von Eigentumsrechten ist das Versprechen inhärent, dass sich mit ihr Prozesse im Bankbetrieb effizienter gestalten lassen.
Intermediäre im Zahlungsverkehr sowie im Nachhandel der Wertpapiermärkte können mit der validen Speicherung von Transaktionen in einer Blockchain für die jeweilige Assetklasse grundsätzlich ausgeschaltet, Kontrahentenrisiken somit minimiert werden.
Ob die Blockchain ihr Versprechen allein auf der technologischen Ebene wirklich erfüllen kann, darüber werden sich die Banken im engen Schulterschluss mit den Regulatoren schon 2016 Aufschluss verschaffen.
Mit Goldman Sachs und Bank of America Merrill Lynch haben sich bereits zwei US-Großbanken eigene Kryptowährungen auf Blockchain-Basis für Wertpapierhandel und Zahlungsverkehr patentieren lassen - Europas Behörden dürfen die Entwicklung hier nicht bremsen.
Gleichzeitig ringen die Banken in der globalen Initiative R3 um die Schaffung einheitlicher Standards. Ein Meilenstein dafür könnte bereits im Januar enthüllt werden, wenn die UBS ihren Entwurf eines "Utility Coin" für eine industrieübergreifende digitale Währung präsentiert.
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