Welche wirtschaftlichen Interessen spielen im Ukraine-Krieg eine Rolle? Dort befindet sich eines der weltweit grössten Lithium-Vorkommen. In der Ukraine gibt es auch Titan, Kaolin, Mangan, Zirconium, Graphit, Magnesium, Eisenerz – alles strategisch wichtige Rohstoffe.
Bringt man es nur auf den Punkt, geht es beim derzeitigen Ukrainekrieg keiner Seite um Sieg oder Niederlage im herkömmlichen Sinn und noch viel weniger (was leider in fast jedem Kriegsfall zu erwarten ist) um die menschlichen Opfer, sei es im zivilen oder militärischen Bereich. Es geht in diesem Fall vor allem um Bodenschätze fast unvorstellbaren Wertes, die die bisherigen Kriegskosten massiv übersteigen.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, schätzt „die wirtschaftlichen Kosten für Deutschland nach zwei Jahren Ukrainekrieg auf deutlich höher als 200 Mrd. €“. Allein die Militärausgaben von Russland, der Ukraine sowie der NATO und verbündeter Staaten dürften sich derzeit auf insgesamt rund 250 Mrd. € belaufen, hinzu kommen massive Bruttoinlandsprodukt-Verluste. Für die Ukraine werden diese bis 2026 auf 120 Mrd. US-Dollar veranschlagt. Nicht direkt am Krieg beteiligte Drittländer müssen laut einer Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft mit Wohlstandsverlusten von 250 Mrd. Dollar rechnen, davon alleine 70 Mrd. Dollar in den Ländern der Europäischen Union.
Die USA zählen dabei akribisch mit, was Russland in seine Kriegsmaschinerie steckt und kommen dabei noch auf ganz andere Zahlen. US-Vizepräsidentin Kamala Harris spricht hier von „voraussichtlich 1,3 Billionen (nach europäischer Zählweise, die Red.) bis zum Jahr 2025“. Und dennoch glauben wahrscheinlich die Kriegsherren aller Seiten, dass sich der Raubzug lohnen wird. Denn zwischen dem Donbass, der Krim und Galizien, dem Grenzland zu Polen, dürften sich gefragte Bodenschätze mit einem zweistelligen Billionenwert verbergen. Und das weiss man in Moskau genauso gut wie in Kiew.
Die fruchtbaren Böden der „Kornkammer Europas“ sind also nur das eine. Das andere ist u.a. eines der weltweit grössten Lithium-Vorkommen (auf 500 000 Tonnen geschätzt). Das dürfte erklären, warum die Russen so erbittert um die Kleinstadt Kurachowe kämpfen, wo Lithium im Wert von mehreren Hundert Milliarden Dollar vermutet wird.
Lithium wird als Material, "aus dem die Zukunft gemacht ist", als "weißes Gold" und "Öl des 21. Jahrhunderts" bezeichnet. Es ist ein Metall der Superlative, das leichteste des Periodensystems, mit dem höchsten elektrochemischen Potenzial und der höchsten spezifischen Wärmekapazität von Feststoffen. Mit der Lithium-Ionen-Technologie sollen die Energiewende und die Elektromobilität bewerkstelligt werden.
Mithilfe des ukrainischen Lithiums könnte die Europäische Union ihre Abhängigkeit von chinesischen Zulieferern stark verringern, denn laut dem Nationalen Verband der Rohstoffförderer in der Ukraine (NEIAU) entfällt ein Drittel der erkundeten Lithium-Vorkommen in Europa auf die Ukraine.
In der Ukraine gibt es auch Titan, Kaolin, Mangan, Zirconium, Graphit, Magnesium, Eisenerz – alles strategisch wichtige Rohstoffe. Und nicht zu vergessen ein grosser Kalksteinbruch, der sich bereits unter russischer Kontrolle befindet. Experten sprechen inzwischen von einem Bodenschatzwert, der 25 Billionen (25 000 Milliarden) Dollar übersteigen kann. Es mag im Ukrainekrieg um einige Dinge gehen – der Wunsch, sich den Zugriff auf derartig umfangreiche Rohstoffvorkommen zu sichern, ist dabei nicht von der Hand zu weisen. (tb)