Der Diesel-Wahnsinn geht weiter: In Hamburg werden Fahrzeuge aus dem Verkehr gezogen. Mehrere Top-Manager sitzen in Haft. Trotzdem schauen Diesel-Besitzer in die Röhre und müssen Wertverluste und Fahrverbote ausbaden. Doch sie können sich wehren - drei Möglichkeiten gibt es.
Der Wind scheint zu drehen. Immer häufiger bekommt Verbraucher vor Gericht Recht, wenn sie gegen Hersteller oder Verkäufer eines Diesel klagen. Und das betrifft nicht nur nachweislich manipulierte Fahrzeuge. Doch dazu müssen sie aktiv werden und selbst einen Rechtsstreit wagen. Denn eine Lösung wie in den USA, wo VW-Besitzer ihre Fahrzeuge einfach so abgeben durften und zusätzlich noch Schadensersatz bekamen, wird es in Deutschland nicht geben. Dazu ist die Politik viel zu eng mit den Herstellern verbandelt – siehe die Beteiligung des Landes Niedersachsen an Volkswagen.
Doch unsere Erfahrungen zeigen: Wer sich ein Herz fasst, hat gute Chancen. Zahlreiche Urteile sehen inzwischen vor, dass Verbraucher entweder ihre Fahrzeuge zurückgeben können oder Schadensersatz erhalten. Noch gehen die Hersteller zumeist in Berufung. Doch hinter den Kulissen gibt es nicht selten großzügige Vergleichsangebote, weil die Klage vom Tisch soll. Diese drei Ansatzpunkte gibt es:
Schadensersatz
Ansprüche können sowohl private als auch gewerbliche Kunden geltend machen, weil ihnen durch den Betrug (beispielsweise dem unerlaubten Einbau einer Abschalteinrichtung) ein Schaden in Form eines Wertverlusts entstanden ist. Der Anspruch richtet sich sowohl gegen den Hersteller als auch gegen leitende Mitarbeiter des Autokonzerns, die Manipulationen zugegeben haben oder entsprechend verurteilt wurden. Aussichtsreich scheinen Schadensersatzklagen insbesondere bei Fahrzeugen aus dem VW-Konzern, weil dort die Manipulationen zugegeben worden sind. Aber auch BMW und Daimler kommen nach den jüngsten Entwicklungen in Frage.
Gewährleistung
Gewährleistungsansprüche richten sich gegen den Händler, bei dem das Fahrzeug gekauft wurde. Sie entstehen daraus, dass Sie Anrecht auf ein mängelfreies Fahrzeug haben. Aufgrund der Abgas-Manipulationen sind die Fahrzeuge aber nicht mängelfrei. Sie können aber keine sofortige Rückgabe des Fahrzeugs durchsetzen, sondern müssen dem Verkäufer die Chance zur Nachbesserung geben. Immer mehr Gerichte argumentieren, dass die derzeit durchgeführten Software-Updates keine Nachbesserung darstellen, weil sie ihrerseits weitere Mängel hervorrufen. Daraus entsteht dann das Recht, das Fahrzeug zurückzugeben und sein Geld zurückzufordern.
Kredit-Widerruf
Wer den Kauf des Autos mit einem Kredit oder per Leasing finanziert hat, hat noch einen Joker, den sogenannten Widerrufsjoker, in der Hinterhand. Die meisten Leasing- und Kreditverträge weisen Formfehler auf und können daher auch lange nach Abschluss widerrufen werden. FOCUS und DIE WELT haben über diese Möglichkeit unter Bezug auf die Analysen der Interessengemeinschaft Widerruf berichtet. Betroffen sind unter anderem die Autobanken von Volkswagen, Audi, Mercedes, BMW, Renault sowie die Darlehen von Santander, Bank 11 und weiteren Instituten.
Ganz wichtig: Der Kredit-Widerruf ist nicht auf manipulierte Diesel-Fahrzeuge beschränkt. Demzufolge können Sie hier auch die Rückgabe aller Fahrzeuge (auch Benzin-Motoren) fordern. Denn durch den Widerruf des Kredits muss auch der Kauf des Kfz rückabgewickelt werden.
FAZIT: Verbraucher haben diverse Möglichkeiten, sich gegen die Autohersteller zu wehren. Welche Möglichkeiten im konkreten Fall bestehen und welche Schritte sinnvoll sind, können Sie bei der Interessengemeinschaft kostenlos und unverbindlich prüfen lassen. Kommt es danach zu einem Rechtsstreit, zahlt in aller Regel die Rechtsschutzversicherung. In einigen Fällen kann eine Rechtsschutzversicherung sogar noch abgeschlossen werden und muss dann die Kosten übernehmen.