Staatsschulden sind Steuern, die nur gestundet sind. - Angesichts der wachsenden Überschuldung der meisten westlichen Staaten wird das Thema „Währungsreform“ eher früher als später auf der Tagesordnung stehen, entweder in verdeckter oder offener Form. - Deutschland auf dem Marsch in den autoritären Wirtschaftsstaat.
von Klaus Peter Krause
Der deutsche Staat lebt auf Pump. Damit leben wir als seine Staatsbürger auf Pump – und mit den Folgen daraus, zwar unfreiwillig, aber die wohl meisten nicht unschuldig daran: Beanspruchen sie vom Staat doch Leistungen, die dieser nur mit Kreditaufnahme finanzieren kann, weil die Steuereinnahmen dafür nicht reichen. Staatsausgaben auf Pump zu finanzieren, ist politisch leichter, als den Bürger noch mehr Steuern abzuquetschen. Gleichwohl müssen die Bürger für diese Staatsschulden aufkommen, nur später, meist erst ihre Kinder und Kindeskinder. Staatsschulden sind Steuern, die nur gestundet sind. Zu vielen ist das egal.
Mit der Schuldenpolitik jedes Maß verloren
Aber nicht jede Schuldenaufnahme, ob privat oder staatlich, ist gleich Teufelswerk; es kommt dabei auf den Zweck an und auf das Maß. Wenn es der Staat nicht versteht, seine Verschuldung auf Investitionen mit nachhaltigem Nutzwert zu beschränken, und verliert er sich in Maßlosigkeit, ist Überschuldung die Folge. Ein Opfer staatlicher Überschuldung ist auch der Euro. Dass diese noch so junge Währung schon so schnell in eine Krise getrieben ist, geht darauf zurück, dass die Euro-Staaten mit ihrer Schuldenpolitik jedes Maß verloren haben und nun wegen des hohen Schuldendienstes (Verzinsung und Rückzahlung) in der Schuldenfalle sitzen. Das jüngste Buch von Michael von Prollius „Die Euro-Misere“ weist mit seinem Untertitel „Essays zur Staatsschuldenkrise“ folgerichtig auf diesen Zusammenhang hin. Und dass die Staatsschuldenkrise in Wirklichkeit eine Krise des herrschenden staatlichen Monopol-Geldsystems ist, reißt Prollius ebenso folgerichtig schon im Vorwort an.
Die liberale Sicht auf die Krisenursache
Die wirklichen Ursachen der Finanz-, Euro- und Schuldenkrise mehr Menschen ins Bewusstsein zu bringen, findet auch in diesem neuen Prollius-Buch statt. Eine Vorarbeit dafür hatte der Autor schon mit seiner vorangegangenen Publikation Geldreform - Vom schlechten Staatsgeld zum guten Marktgeld geleistet, geschrieben zusammen mit Thorsten Polleit (kpkrause.de/?p=1034). Die Aufklärung darüber hält er deswegen für so wichtig, weil sich das herrschende staatliche Geldsystem „weder ökonomisch, noch rechtlich, geschweige denn sozial oder moralisch glaubwürdig rechtfertigen“ lasse. Noch immer dominiere in den Medien die politisch-offizielle Darstellung der Krisenursachen. Neben diese Deutung sei die wahre andere „Erzählung“ zu stellen und wachzuhalten. Und so bietet das Buch dem Leser eine andere, eine liberale Sicht auf die Funktionsweise des gegenwärtigen Geldsystems, damit auch auf die Finanz- und Wirtschaftskrise und folglich auf einen Ausweg, der verhindern könnte, dass Regierungen das Geldsystems zu immer tieferer Staatsverschuldung missbrauchen.
Wenn die Ursache mit der Ursache bekämpft wird
Daher plädiert Prollius auch in diesem Buch für eine neue Geldordnung. Sie zu errichten, sei die zentrale Herausforderung unserer Zeit. Die Ursache der Krise mit noch tieferen (Leit-)Zinsen der staatlichen Notenbanken und noch mehr Geldschöpfung zu bekämpfen, bedeute, ihre Ursache zu vermehren. Angesichts der wachsenden Überschuldung der meisten westlichen Staaten werde das Thema „Währungsreform“ ohnehin eher früher als später auf der Tagesordnung stehen, entweder in verdeckter oder offener Form. Es würde tragisch sein, wenn die Menschen nicht verstünden, dass Staatsgeld zum Scheitern verurteilt sei. Denn dann, in der Stunde der Not, werde es den politischen Führungen gelingen, auf den Trümmern des gescheiterten Staatsgeldes ein neues Staatsgeldsystem abermals zu errichten.
Zentralbanken als staatliche Inflationsbehörden
Wer den liberalen Autor kennt, weiß, was ihn als Leser erwartet. Prollius (und nicht er allein) sieht Deutschland auf dem Marsch in den autoritären Wirtschaftsstaat. Verursacher schwerer Krisen ist für ihn meistens der Staat, der sie dann auch noch auf falsche Weise zu bekämpfen sucht. Er nennt Zentralbanken staatliche Inflationsbehörden. Er hat keine Angst vor Deflation, sie sei eine natürliche Reaktion, wirklich desaströse Deflation erzeuge nur der Staat. Er stellt den Euro als eine Illusion dar. Er schreibt vom Mythos unregulierter Finanzmärkte. Er hält Schuldenbremsen für unwirksam, wenn sie nicht verbunden ist mit persönlicher Haftung der verantwortlichen Politiker. Er zieht historische Lehren aus der kontroversen Geldpolitik um 1825 und aus dem „New Deal“ der 1930er Jahre, der die Rezession um mehr als zehn Jahre sogar verlängert habe.
Sätze, die scheinbar provozieren
Wer wie Prollius denkt und gleichen Sinnes ist, sieht sich im Buch bestätigt, wer nicht, wird es als unbequem und „nicht hilfreich“ beiseiteschieben, weil es seine politischen oder privaten Interessen stört. Vielleicht ist er auch gar nicht gewillt, sich mit Ungewohntem überhaupt zu befassen, gar „bekehrt“ zu werden und sich daher einem solchem Buch gar nicht erst zuzuwenden. Denn er stößt unweigerlich auf scheinbar provozierende Sätze wie diese: „Die Regierung kann keine Arbeitsplätze schaffen. Sie verdrängt lediglich private Ausgaben und Investitionen. Jeder staatliche Arbeitsplatz vernichtet einen privaten. Jede Ausgabe des Staates beruht auf einem Verzicht des Volkes, um an Ludwig Erhard zu erinnern.“ Natürlich bedürfen solche Sätze der Erläuterung, Prollius gibt sie.
Staatsausgaben kürzen ist nicht Sparen
Auch die falsche Verwendung des Wortes „Sparen“ nimmt er sich vor. Wenn Politiker verkünden, radikal sparen zu wollen, muss es, wie Prollius zu Recht schreibt, korrekt heißen, dass sie die Staatsausgaben kürzen wollen. Sparen bedeutet, Geld, das man hat, nicht auszugeben, sondern zurückzulegen. Und das Kürzen von Ausgaben, die nicht mit eigenem Geld, sondern mit Krediten bestritten werden, ist erst recht kein Sparen. Sparen ist Konsumverzicht, um Zukünftiges finanzieren zu können, nachhaltige Investitionen zum Beispiel oder die private Zukunftsvorsorge (fürs Eigenheim, für die Ausbildung der Kinder, zur Alterssicherung). Sparen sei keine Aufgabe des Staates, schreibt Prollius, sondern eine des Bürgers; Staatsaufgabe sei, die Staatsausgaben massiv zu kürzen. Denn dann bleibe mehr Geld bei den Bürgern, die mit dem Geld sorgfältiger umgingen. Auch sinnvoller gingen sie damit um, denn Kürzungen der Staatsausgaben stärkten, wie zahlreiche Studien belegten, das wirtschaftliche Wachstum.
Für Freiheit und ordnungspolitisches Denken
Prollius ist selbständiger Publizist, Autor einiger Bücher und zahlreicher Beiträge in Zeitungen, Zeitschriften und auf Internet-Seiten. Zu seinen Büchern gehören eines über den historischen Jesus, ein anderes über das Wirtschaftssystem der Nationalsozialisten und ein weiteres mit dem Titel "Die Pervertierung der Marktwirtschaft als aktuelle Krisenanalyse". Auch hat er die Internet-Plattform Forum Ordnungspolitik gegründet. Mit ihr wirbt er wie stets für eine freie Gesellschaft und dafür, ordnungspolitisches Denken wiederzubeleben. In seinem nun jüngstem Buch hat er Beiträge zusammengeführt, die zu einem großen Teil bereits im Internet erschienen sind. Wer sie schon einmal gelesen hat, sie aber gern gesammelt und gedruckt bequem zum Nachschlagen haben möchte, ist mit dem Buch gut bedient. Wer sie noch nicht kennt, umso mehr. Verständlich und leicht lesbar ist es geschrieben.