Kanada ist eines der Top-Auswanderungsländer. Das Land hat gerade den Penny abgeschafft. Interessanterweise haben auch drei weitere Länder ihre kleinsten Münzen eingespart: Australien, die Schweiz und Norwegen. Allesamt Länder mit starken Währungen und intakten Staatsfinanzen. Zufall?
von Roland Klaus
Manchmal zeigt sich die echte Bereitschaft einer Regierung zum Sparen auch in kleinen Dingen. Während wir hier in Deutschland über EU-Transferzahlungen in dreistelliger Milliardenhöhe diskutieren, schafft Kanada den Penny ab. Das ist die kleinste kanadische Münze – sie hat einen Wert von einem Cent. Allerdings kostet sie in der Herstellung 1,5 Cent. Nun hat die Regierung in Ottawa entschieden: weg damit. Der Verzicht soll Prägekosten in Höhe von elf Millionen Dollar im Jahr sparen.
Dieser Sinn für vermeintliche Kleinigkeiten zeigt, wie ein Land tickt, das seine Staatsfinanzen vorbildlich im Griff hat. Die Kanadier haben zwischen 1997 und 2008 elf Jahre in Folge Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet und ihre Staatsverschuldung kontinuierlich gesenkt.
Absolute Verschuldung Kanadas in Mio. CAD zwischen 1996 und 2011:
Zwar hat die Krise auch hier die Staatsfinanzen gebeutelt, wie die Grafik zeigt. Doch die für kanadische Verhältnisse skandalösen Staatsdefizite der vergangenen Jahre haben nur dazu geführt, dass die nominale Staatsverschuldung gerade einmal das Niveau der späten 90er Jahre erreicht hat.
Nun setzen die Kanadier alles daran, spätestens im Haushalt 2015/2016 wieder Überschüsse zu erwirtschaften – die eingesparten Prägekosten für den Penny sind da natürlich nur ein kleiner Bestandteil. Für mich klingt das dennoch wesentlich glaubwürdiger als eine Schuldenbremse nach deutscher Machart, bei der jedem klar sein muss, dass sie zunächst nicht viel mehr als ein gut gemeinter Vorsatz ist, der spätestens dann vom Winde verweht wird, wenn die Konjunktur schwächelt und die Steuerzahlungen der Exportindustrie einbrechen.
Zwar ist die Staatsverschuldung Kanadas mit rund 80 Prozent des BIP nur unwesentlich niedriger als jene Deutschlands. Doch es gibt drei wichtige Punkte, die dafür sprechen, dass die Aussichten für die Zukunft in Kanada besser sind als hierzulande:
- Erstens der Rohstoffreichtum. Allein das Thema Ölsande dürfte in den kommenden Jahren erhebliche Summen in die Staatskassen spülen.
- Zweitens die Einwanderungspolitik: Kanada betreibt eine selektive Immigration, die jene ins Land lässt, die die kanadische Wirtschaft nach vorne bringen. So gibt es eine Dringlichkeitsliste mit 40 Berufen aus den Bereichen Gesundheit, Erdöl, Bau, Tourismus, Lehre. Wer eine Ausbildung in diesen Bereichen nachweisen kann, hat kaum Schwierigkeiten bei der Einwanderung. Im Ergebnis gleicht Kanada nicht nur seine Defizite auf dem Arbeitsmarkt aus, sondern holt auch vorwiegend jene ins Land, die Steuern und Beiträge in die Sozialsysteme bezahlen.
- Drittens die Demografie: Nicht zuletzt aufgrund der aktiven Einwanderungspolitik, die vorwiegend Jüngere anzieht, ist der Altersschnitt der Bevölkerung günstig. Er liegt bei rund 40 Jahren, in Deutschland dagegen bei 44 Jahren.
Damit ist Kanada eines der neun Top-Auswanderungsländer, die ich in meinem Buch Wirtschaftliche Selbstverteidigung vorstelle. Interessanterweise haben auch drei weitere Länder aus dieser Liste in den vergangenen Jahren ihre kleinsten Münzen eingespart: Australien, die Schweiz und Norwegen. Allesamt Länder, die vergleichsweise starke und stabile Währungen sowie intakte Staatsfinanzen vorweisen können. Zufall? Vielleicht. Vielleicht aber auch nur ein Zeichen dafür, dass verantwortungsvolles Wirtschaften des Staates im Kleinen beginnt.
Roland Klaus arbeitet als freier Journalist und Analyst in Frankfurt am Main. Für den amerikanischen Finanzsender CNBC und den deutschen Nachrichtenkanal N24 berichtete er von der Frankfurter Börse. In seinem Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“ entwirft er eine Analyse der Schuldenkrise und liefert Ratschläge, wie man sich auf die entstehenden Risiken einstellen kann. Sie erreichen Ihn unter