Wirtschaftsforscher warnt vor Banken-Kollaps bei Griechenland-Umschuldung. Darüber hinaus sei zu befürchten, dass die aus der Umschuldung resultierenden Abschreibungen im Finanzsektor „destabilisierende Schäden“ verursachen. - Schäffler kritisiert Schäuble
Der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, hält den harten Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) gegen jedwede Form der Griechenland-Umschuldung für völlig gerechtfertigt. „Denn eine Umschuldung Griechenlands würde das griechische Bankensystem kollabieren lassen“, sagte Horn Handelsblatt Online. „Damit wäre die EZB entsprechend ihrer Aufgabe, den Zahlungsverkehr im Euroraum zu sichern zu sichern sofort im Obligo, Stützungsmaßnahmen zu leisten.“
Darüber hinaus sei zu befürchten, dass die aus der Umschuldung resultierenden Abschreibungen im Finanzsektor „destabilisierende Schäden“ verursachen. „Schlimmer noch sind die zu erwartenden Ansteckungseffekte in den übrigen Krisenländern, die der EZB weitreichende Stabilisierungsmaßnahmen für das europäische Bankensystem abverlangen dürften“, warnte der IMK-Chef. „Diese richtigen Überlegungen sind der Grund für den Widerstand der EZB und nicht der Bestand an möglicherweise kritischen Staatspapieren in ihrem Bestand.“ Schließlich sei die EZB keine Privatbank, die jedes Jahr Gewinne ausweisen müsse.
Grüne fordern von EZB Ende der Blockadehaltung bei Griechenland-Umschuldung
In der Debatte um neue Hilfen an Griechenland haben die Grünen die Europäische Zentralbank (EZB) zur aktiven Mitarbeit aufgefordert. „Wichtig ist jetzt, dass die EZB mitwirkt an dem nötigen Kurswechsel bei den Griechenlandhilfen und ihre Blockade gegen jede Form von Umschuldung aufgibt“, sagte der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Gerhard Schick, Handelsblatt Online. „Ihre Strategie des ‚weiter so’ ist wenig überzeugend.“ Schließlich habe das bisherige Programm, das einen Marktzugang für Griechenland schon 2012 vorsah, offenbar nicht funktioniert.
Nach Schicks Ansicht muss das Ziel neuer Hilfen sein, für Griechenland ein Schuldenniveau zu erreichen, das langfristig tragfähig sei. „Ich sehe noch nicht, dass das durch den Vorschlag von Bundesfinanzminister Schäuble erreicht wird“, sagte der Grünen-Politiker. „Immerhin hat aber durch seinen Brief die Diskussion um eine Umschuldung Griechenlands konkrete Formen angenommen.“
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte sich für die Auszahlung weiterer Mittel und ein neues Hilfsprogramm ausgesprochen, an dem sich private Gläubiger beteiligen sollten. Den zusätzlichen Bedarf der griechischen Regierung bezifferte er auf 90 Milliarden Euro. An diesem Donnerstag wollen die Fraktionen von Union und FDP einen Entschließungsantrag vorlegen, der am Freitag im Bundestag zur Abstimmung gestellt werden soll. Am 20. Juni wollen die EU-Finanzminister über neue Zahlungen entscheiden.
Schäffler kritisiert Schäuble
Der FDP-Bundestagsabgeordnete und Finanzexperte Frank Schäffler hält den Vorschlag von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für eine Beteiligung privater Gläubiger an der Griechenland-Hilfe für unzureichend. "Sein Vorschlag ist ein trojanisches Pferd", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". "Denn es nützt nichts, wenn die Laufzeiten der Kredite verlängert werden. Griechenland kann nur geholfen werden, wenn es tatsächlich einen Schuldenschnitt gibt und die Wirtschaft wettbewerbsfähig wird. Wenn man nur die Laufzeit verlängert, dann schiebt man das Problem hinaus.
Das führt wiederum dazu, dass die privaten Gläubiger sukzessive durch öffentliche Gläubiger ausgetauscht werden - sprich: durch den europäischen Steuerzahler." Schäffler fügte hinzu: "Ich hätte als verantwortlicher Minister schon den Rechtsbruch des vorigen Jahres nicht zugelassen. Im Mai 2010 gab es nämlich einen kollektiven Rechtsbruch der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und der Staats- und Regierungschefs. Das erste Hilfspaket für Griechenland verstößt eindeutig gegen Kapitel 125 der Europäischen Verträge, das eine Übernahme von Schulden ausschließt."