Grünen-Chefin Annalena Baerbock hat mit Blick auf die Bundestagswahl den Machtwillen ihrer Partei unterstrichen.
"Wir haben als progressive, gestaltende Kraft einen Führungsanspruch für dieses Land", sagte Baerbock den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Von der überraschend frühen Nominierung des SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz wolle sich ihre Partei nicht treiben lassen.
"Unser Weg ist das nicht." So wollen die Grünen ihre K-Frage, also die Entscheidung zwischen einer Spitzenkandidatur von Baerbock oder Co-Parteichef Robert Habeck, im nächsten Jahr, "rechtzeitig vor dem Wahlkampf" treffen, wie Baerbock betonte.
"Wir sind als Partei geschlossen, Robert Habeck und ich arbeiten gut im Team zusammen und konzentrieren uns jetzt auf unsere Aufgaben. So werden wir das in den nächsten Monaten weiter tun." Ein von der SPD-Führung forciertes Linksbündnis jenseits der Union halten sich die Grünen offen.
"Wir schließen keine demokratische Option aus", sagte Baerbock. Politik sei jedoch kein Wunschkonzert, Koalitionsdebatten stünden am Ende einer Wahl an. Die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans hatten sich für eine künftige Zusammenarbeit von SPD, Grünen und Linkspartei ausgesprochen. Laut aktuellen Umfragen hätte so ein Bündnis derzeit keine Mehrheit. Schwarz-Grün dagegen schon.
Die entsprechenden Frage-Antwort-Passagen im autorisierten Interview: Frau Baerbock, die SPD hat überraschend schnell ihre Karten auf den Tisch gelegt und mit Olaf Scholz einen profilierten Kanzlerkandidaten präsentiert. Was bedeutet das für den Bundestagswahlkampf der Grünen" Nichts Überraschendes. Olaf Scholz tritt als Spitzenkandidat der SPD an, das haben die Spatzen ja von den Dächern gepfiffen. Aber die Wahl ist im September 2021, wir sind mitten in der Pandemie und mitten in einer Hitzewelle. Jetzt ist nicht die Zeit für Wahlkampf. Ich erwarte vom Finanzminister, dass er sich mit den aktuellen Problemen befasst, den Wirecard-Skandal aufklärt und sich nicht im Wahlkampfmodus verliert.
Auch die Union wird mit einem Mann ins Rennen gehen. Jetzt wird`s höchste Zeit für eine grüne Kanzlerkandidatin, oder" Ich kann Ihre Neugier verstehen. Wenn bei der SPD der interne Druck so groß ist, es jetzt, in der Sommerpause zu tun, kann sie das natürlich machen. Unser Weg ist das nicht. Wir sind als Partei geschlossen, Robert Habeck und ich arbeiten gut im Team zusammen und konzentrieren uns jetzt auf unsere Aufgaben.
So werden wir das in den nächsten Monaten weiter tun. Wenn nach 16 Jahren Angela Merkel abtritt, können doch ausgerechnet die feministischen Grünen nicht sagen, wir machen den Frauen in Deutschland kein Angebot. Okay, ich sehe, Sie wollen nicht locker lassen (lacht). Keine Sorge: Wir haben als progressive, gestaltende Kraft einen Führungsanspruch für dieses Land. Aus diesem Anspruch heraus werden wir alle wahlstrategischen Fragen im nächsten Jahr rechtzeitig vor dem Wahlkampf treffen. SPD und Linke sind offen für Rot-Rot-Grün oder Grün-Rot-Rot, Schwarz-Grün hat eine klare Mehrheit.
Welches Bündnis bevorzugen Sie" "¦ und just nachdem die SPD-Vorsitzenden die Offenheit gegenüber der Linken angekündigt haben, zeigt sich der frisch gekürte SPD-Spitzenkandidat Scholz schon wieder ganz skeptisch"¦. Wir schließen keine demokratische Option aus. Politik ist auch kein Wunschkonzert. Wöchentlich ändern sich in den Umfragen die Möglichkeiten.
Deshalb: Koalitionsdebatten stehen bei einer Wahl am Ende, und nicht am Anfang. Der Wähler hat doch ein Recht darauf zu erfahren, in welches Lager seine Stimme für die Grünen am Ende fließt"¦ Wir erleben in vielen Bundesländern verschiedensten Farbschattierungen. Die Gesellschaft ist viel stärker in Bewegung. Wenn ich mich in nur eine Schublade schieben lasse, bin ich starr, habe ich weniger Gestaltungsoptionen. Das ist das Gegenteil von der Veränderung, für die wir antreten.
Foto: Bundeskanzleramt, über dts Nachrichtenagentur