Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer hat vor der Ministerpräsidentenkonferenz am 3. März eine Corona-Impfpflicht nicht ausgeschlossen und gefordert, den Impfstoff von Astrazeneca für Erwachsene jeden Alters freizugeben.
Momentan lehne er eine Impfpflicht ab, sagte Kretschmer der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Denn: "Es ist eine psychologische Frage: Immer dann, wenn ich über Zwang spreche, machen Menschen zu, die ansonsten noch erreichbar wären. Deswegen ist jetzt der falsche Zeitpunkt für diese Debatte."
In einigen Monaten will er seine Position überdenken. "Reden wir mal Ende des Sommers darüber. Möglicherweise stellt sich diese Frage dann neu." Wenn sechzig, siebzig Prozent geimpft seien, dann könne man nochmal über die Impfpflicht reden. "Bis dahin werden wir eine ganze Menge erlebt haben."
Damit weicht Kretschmer von der Linie der Bundeskanzlerin und des Bundesgesundheitsministers ab, die eine Impfpflicht kategorisch ablehnen. Zu einer Freigabe des Astra-Zeneca-Impfstoffs sagte Kretschmer: "Darüber hinaus sollte die Priorisierung für Astrazeneca zügig aufgehoben werden." Die Priorisierung sei ein Mittel der Mangelverwaltung. "Jetzt sehen wir, dass mehr davon vorhanden ist, als kurzfristig verimpft werden kann.
Mit der Öffnung ließen sich schnell Fortschritte erzielen." Perspektivisch könnten auch die Hausärzte eine wichtige Rolle spielen, so der CDU-Politiker. "Sie können im Arzt-Patienten-Gespräch aufklären und Vertrauen in den Impfstoff schaffen." Kretschmer kündigte an, sich impfen zu lassen, wenn die Gruppe der Verkäufer an der Reihe sei, mit denen er sich in einer Risikogruppe befinde.
Die israelische Lösung, geimpften Bürgern einen Passierschein zu geben, sei etwas, dem er sich "nicht entgegenstellen" würde, sagte Kretschmer. Er dankte Jens Spahn für seinen Vorstoß zu Antigen-Schnelltests. "Er hat für alle sichtbar ein Thema auf den Tisch gelegt und ein Tor aufgestoßen. Wir werden am 3. März in der Ministerpräsidentenkonferenz bestimmt einen Beschluss zu diesem Thema fassen."
Dass Spahn diesen Vorschlag kurz nach seiner Ankündigung zurückziehen musste, kritisierte Kretschmer. "In Sachsen versuchen wir, Dinge nicht anzukündigen, dann scheitern zu lassen und sie im zweiten Anlauf zu realisieren. Wir versuchen, Dinge anzukündigen und umzusetzen und damit zu überzeugen. Das klappt nicht immer, ist aber der Anspruch."
Den in Deutschland gängigen Datenschutz, der in der Corona-Pandemie an vielen Stellen eine Rolle gespielt hat, kritisierte Kretschmer scharf. "Wir haben außerdem einen Staat, der uns an einer Stelle schützt, wo wir es gar nicht wollen, nämlich beim Datenschutz." Das müsse enden. "Die Bürger lassen, wenn sie es auf Facebook entscheiden können, viel mehr zu als immer angenommen wird. Die Digitalisierung hat riesige Chancen, aber wir sind hier extrem gehemmt."
Foto: Hinweis auf Maskenpflicht, über dts Nachrichtenagentur