Bei der Durchsetzung der geplanten allgemeinen Impfpflicht will Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) weniger auf die Polizei als auf die Einsicht der Bürger setzen. "Wir sind ein Land, in dem sich die allermeisten an Gesetze halten", sagte er der "Bild am Sonntag". Man halte vor roten Ampeln an und achte die Verkehrsregeln: "Nicht weil uns überall gleich die Polizei kontrolliert, sondern weil es zu unserer Natur gehört, dass wir uns an solche Regeln halten." Über die genaue Ausgestaltung einer Impfpflicht für alle werde der Bundestag beraten, so Scholz: "Ich selbst werde jedenfalls als Abgeordneter für eine Impfpflicht stimmen, weil sie rechtlich zulässig und moralisch richtig ist."
Im Kampf gegen Corona zieht Scholz alle Maßnahmen in Betracht: "Es darf keine roten Linien geben, das hat uns diese Pandemie nun wirklich gezeigt. Wir müssen immer bereit sein umzudenken, wenn die Umstände es erfordern. Und dann schnell und entschlossen handeln." Auch einen Weihnachtslockdown lehnt der Regierungschef nicht kategorisch ab: "Gerade haben der Bund und die Länder sehr rigide Maßnahmen ergriffen. Wir werden täglich prüfen, wie sie umgesetzt werden und ob sie ausreichen." Man wolle die vierte Welle brechen. Der Kampf gegen die Pandemie habe für ihn "oberste Priorität". Er sei "sehr entschlossen".
Scholz bestreitet eine Spaltung der Gesellschaft durch Corona: Die allermeisten Bürger hätten sich impfen lassen. Viele weitere wollten es bald tun, weil sie ihre Bedenken überwunden hätten. "Verschiedene Meinungen zu haben, bedeutet doch nicht gleich Spaltung. Wir dürfen auch streiten", so Scholz. "Ich will das Land zusammenhalten. Und bin also auch der Kanzler der Ungeimpften. Die möchte ich gerne vom Sinn der Impfung noch überzeugen." Nach Ansicht von Scholz sind unter den Ungeimpften nur sehr wenige, die ihren Widerstand gegen die Corona-Maßnahmen aggressiv auslebten: "Ich bin überzeugt, dass die allermeisten Ungeimpften diese Fackelkundgebungen als genauso widerwärtig empfinden wie ich", so Scholz. Zugleich kündigte er eine Null-Toleranz-Politik gegen Demonstranten an, die mit martialischen Fackelmärschen demonstrierten und Politiker bedrohten, die sich rund um die Uhr für die Bürger ins Zeug legten. "Diesen Drohungen müssen wir mit aller Schärfe entgegentreten."
Foto: Olaf Scholz am 8.12.21, über dts Nachrichtenagentur