Eine Gruppe ehemaliger Notenbanker aus Deutschland, Frankreich, Österreich und den Niederlanden rechnet mit der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und ihres scheidenden Präsidenten Mario Draghi ab.
"Als ehemalige Zentralbanker und als europäische Bürger beobachten wird den anhaltenden Krisenmodus der EZB mit wachsender Sorge", schreiben die Autoren nach SPIEGEL-Informationen in ihrem "Memorandum zur Geldpolitik der EZB".
Die Riege der Unterzeichner ist prominent: Mit dabei sind die beiden ehemaligen EZB-Chefvolkswirte Otmar Issing und Jürgen Stark, Ex-Bundesbank-Chef Helmut Schlesinger sowie Nout Welling, ehemaliger Chef der niederländischen Zentralbank. Christian Noyer und Jaques de Larosière, beide früher Chefs der Banque de France, haben das Papier zwar nicht unterschrieben, teilen laut Memorandum aber die Haltung.
Heftig kritisieren die Unterzeichner, dass die EZB schon bald ihr Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen wieder auflegen will. Diese Maßnahme werde kaum positive Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum haben. "Im Gegenteil, es liegt der Verdacht nahe, dass dahinter die Absicht steckt, hochverschuldete Regierungen vor einem Anstieg der Zinsen zu bewahren", heißt es in dem Text. Zudem werfen die Autoren Draghi vor, seine Politik habe zu einer weitgehenden „Zombifizierung“ der Wirtschaft geführt. Die niedrigen Zinsen hielten schwache Banken und Unternehmen künstlich am Markt. Die Zinssätze hätten ihre Steuerungsfunktion verloren und die Risiken für die Finanzmarktstabilität seien gestiegen. Je länger die ultralockere Geldpolitik anhalte, desto größer sei das Risiko eines Rückfalls in die Krise.