95 Prozent der staatlichen Subventionen gehen an rund 2000 große Kapitalgesellschaften in Deutschland. Der Mittelstand geht dagegen oft leer aus und erwirtschaftet zudem das Geld für die Großen, die dann noch staatlich gefüttert werden.
von Prof. Eberhard Hamer
Nach einer finanzstatistischen Untersuchung des Mittelstandsinstituts Hannover „Wer finanziert den Staat?“ gehen 95 Prozent unserer Subventionen an nicht einmal 2000 große Kapitalgesellschaften in Deutschland, müssen aber die 96 Prozent mittelständischen Personalunternehmen (ca. fünf Millionen) dafür zahlen. Es findet also seit langem eine Bevorzugung der großen Kapitalgesellschaften durch staatliche Umverteilung statt: die Wohltaten an die großen Kapitalgesellschaften werden durch die höchsten Steuer- und Soziallasten für die mittelständischen Personalunternehmen finanziert. Die Forscher des Mittelstandsinstituts haben auch nach den Gründen für diese öffentliche „Konzernpolitik auf Kosten des Mittelstandes“ geforscht. Als Erklärung fanden sie:
Die mittelständischen Inhaberunternehmer glauben, ihren Erfolg nur eigener Tüchtigkeit zu verdanken und haben den Anteil der öffentlichen Rahmenbedingungen für ihren Unternehmenserfolg zumeist übersehen. Alle Blockparteien haben seit Jahrzehnten versprochen, „für die Mitte der Gesellschaft“, „für den Mittelstand“, „für die bürgerliche Mitte“ zu kämpfen. Diese Schwüre haben aber nie länger als zur Wahl gedauert, weil der Mittelstand zwar Geld gegeben, aber keine Macht dafür eingefordert hatte. Das konnte er auch nicht, weil er nicht wie die Randgruppen der Konzerne durch ihre Verbände und die Arbeiter durch die Gewerkschaften kollektiv organisiert war.
So wurde unter CDU/FDP-Herrschaft Konzernpolitik und unter SPD-Führung Gewerkschaftspolitik für die Ober- und Untergruppen auf Kosten des Mittelstandes betrieben, die größte Umverteilung in Deutschland eingeführt, die dieses Land je erlebt hat und die Mittelschicht zur Subventionierung bzw. Alimentierung der Randgruppen so ausgebeutet, dass die mittelständischen Inhaberbetriebe 70 Prozent aller Unternehmenssteuern zahlen müssen, der Anteil der Großunternehmen dagegen (30 Prozent) geringer ist, als die ihnen zukommenden Subventionen. „Die Gesamtlast der kleinen und mittleren Betriebe mit Steuern und Sozialabgaben macht ebenfalls 66 Prozent aus, für Staat und Großunternehmen dagegen nur ein Drittel“ .
Subventionen lokal oder international?
Schon beim Wiederaufbau der ehemaligen DDR hat die Mittelstandsforschung beklagt, dass in den neuen Bundesländern nicht etwa mittelständische Inhaberunternehmer massiv gefördert worden seien, sondern die Großunternehmen des Ostens wurden meist ausländischen Konzernen geschenkt und sogar noch mit Milliardenbeträgen versüßt. Hätte man die 80 Milliarden Ostaufbau-Fördermittel für den Aufbau eines Mittelstandes eingesetzt, hätten wir wirklich blühende Landschaften mit blühenden mittelständischen Unternehmen, blühenden Städten und blühenden statt schrumpfenden Dörfern.
Den gleichen Fehler hat nun die rot-grün-gelbe Regierung weitergemacht. In ihrem Bestreben, Marktwirtschaft durch Zentralverwaltungswirtschaft abzulösen (die große „Transformation“) hat sie wiederum die staatlichen Füllhörner über Infineon ausgeschüttet und einen Ansiedlungszuschuss von 9,9 Milliarden gegeben und die gleichen Subventionen noch einmal dadurch zugesagt, dass der Strompreis für 20 Jahre bei zehn Cent gedeckelt und subventioniert werden soll. Pro geplantem Arbeitsplatz sind dies mehr als sechs Millionen Euro ohne die Gewähr, dass diese Arbeitsplätze überhaupt so lange wie die Subventionen dauern, denn internationale Konzerne sind „renditeflüchtig“. Sie gehen sofort dahin, wo sie bessere Standortbedingungen haben, billigere Arbeitskräfte, billigere Energie oder höhere Subventionen.
Subventionen fließen an die großen Kapitalgesellschaften
Nur mittelständische Inhaberbetriebe sind heimattreu, weil der Inhaber und seine Familie und seine Mitarbeiter ortsverwurzelt sind und für Renditedifferenzen selten wechselt.
Mittelständische Unternehmer geben nach Befragungen des Mittelstandsinstituts Hannover Parteispenden in der Regel ohne Gegenleistungsforderung. Kapitalgesellschaften, insbesondere Konzerne dagegen geben zwar im Einzelnen größere Spenden, aber nie ohne Forderung von Gegenleistungen, wenn auch nur indirekt. Und weil die großen Kapitalgesellschaften auch die Kammern und Verbände beherrschen, sind die großen Kapitalgesellschaften für die Politiker – vor allem für Zentralverwaltungspolitiker – „die Wirtschaft“. Sie kümmern sich deshalb vor allem um die Konzerne und glauben, deren Wohl sei für Wirtschaftswachstum entscheidend.
Und wenn die Politik „das Gespräch mit der Wirtschaft“ sucht, sind immer die gleichen Vertreter von der Großwirtschaft geladen und fließen deshalb naturgemäß auch die Subventionen fast ausschließlich an die großen Kapitalgesellschaften.
Staatliche Umverteilung aus der Mitte nach oben
Dies ist nicht nur eine Umverteilung aus der Mitte nach oben, sondern auch aus der nationalen Wirtschaft an das internationale Großkapital, denn nicht nur gehören 70 Prozent unserer DAX-Firmen Ausländern, sondern darüber hinaus auch viele – wie Intel – ausschließlich ausländischen Firmen gehörende Tochtergesellschaften, deren Gewinne sofort ins Ausland fließen, entweder an die Muttergesellschaft oder sogar in Steueroasen zugunsten von Hedge-Fonds. Die Subventionierung der großen ausländischen in Deutschland tätigen Kapitalgesellschaften ist also mittelstandsdiskriminierend, muss von mittelständischen Firmen bezahlt werden, ist Subvention des internationalen Großkapitals und nicht einmal langfristig sicher, denn die internationalen Konzerne drohen immer wieder mit Abwanderung und Betriebsreduzierung, um weitere Subventionen und Vorteile zu erpressen.
Und selbst wenn deutsche Firmen mit öffentlichen Subventionen zu Weltchampions entwickelt wurden, können sie von internationalem Kapital oder China aufgekauft werden – Beispiele Kuka AG, Biontech und andere – und sind deshalb die Subventionserträge exportiert.
10 Milliarden Subventionen an Intel als Verschleuderung von Steuern
Das Mittelstandsinstitut Hannover sieht deshalb die 10 Milliarden Subventionen an Intel als Verschleuderung von durch den Mittelstand zu erarbeitenden Steuern an. Die Mittelstandsforscher halten es für besonders widersinnig, dass gerade jetzt ein unsicherer ausländischer Konzern die größte Subvention unserer Geschichte bekommt, während Millionen mittelständischen Betrieben die Energiekosten verdreifacht, das Kapital durch Inflation entwertet, die wirtschaftlichen Handlungsmöglichkeiten durch zum Teil unsinnige Öko-Vorschriften beschnitten und die höchsten Steuern- und Sozialbelastungen in der Welt auch noch weiter erhöht werden. Der Mittelstandsschaden ist vielfach so hoch wie der Nutzen aus der subventionierten Konzernansiedlung.
Geht man andererseits davon aus, dass jedenfalls Sachsen-Anhalt durch Intel seine Wirtschaft stärkt, die Bundesregierung auch ein Vielfaches der Subventionssumme für schlechtere Zwecke oder sogar kontra-produktiv verschleudert und angesichts ihrer finanziellen Maßlosigkeit und Verschuldung das Geld doch total entwertet wird (Währungsreform), wäre sogar die Subvention für Investitionen noch sinnvoller als die sofort verbrauchten und für die Zukunft wirkungslosen Sozialleistungen.
Nur wer die derzeitige chaotische Wirtschaftspolitik in ihren Folgen betrachtet, kann also Tarifverschleuderung von Milliarden zu rechtfertigen versuchen.