Der Virologe Hendrik Streek warnt mit Blick auf die steigenden Corona-Infektionszahlen vor einem "komplizierten" Winter. Ein weiterer Lockdown sei generell nicht auszuschließen, sagte er der "Bild". Es sei nicht vorhersehbar, ob und wie weit die Fallzahlen noch steigen oder ob sie abflachen würden.
"Das wichtige ist, dass wir uns alle bewusst sind, dass wir noch mitten in der Pandemie sind. Keiner kann vorhersagen, wann wir einen Schwellenwert erreicht haben werden, wo es nicht mehr höher geht." Keiner wisse, "wie viele Menschen jetzt auf den Intensivstationen aufgrund der heutigen Fallzahlen landen werden", sagte Streeck. Zu den hohen Fallzahlen käme wahrscheinlich noch eine hohe Dunkelziffer hinzu, sagte Streeck, da sich zuletzt viel weniger Menschen hätten testen lassen. Die Infektionszahlen seien aktuell "besorgniserregend", da sie trotz der Abfederung durch die Impfung so hoch seien.
"Im letzten Jahr wäre das Gesundheitssystem mit den aktuellen Fallzahlen kollabiert", sagte Streeck. Er empfahl, die Corona-Regeln schrittweise - in Eskalationsstufen - zu verschärfen. Für Großveranstaltungen müsste es restriktivere Maßnahmen wie 2Gplus geben, in Restaurants und Supermärkte sollten die Regeln aber lockerer bleiben. Weihnachtsmärkte und Karnevalsumzüge machten ihm keine großen Sorgen, sagte der Virologe.
Anders beurteilt der Wissenschaftler Feierlichkeiten in Innenräumen: "Ich kann mir gut vorstellen, dass es große Karnevalsfeiern gegeben hat, wo gesungen, gelacht, geschunkelt wurde, und auf sowas blicke ich im Moment bisschen mit Sorge, weil wir dadurch Ausbrüche generieren, die wir gerade im Moment nicht mehr vertragen." Streeck übte Kritik an der Kommunikation der Politik: "Wir brauchen einen Winterreifen- und einen Sommerreifenmodus", sagte er. Im Sommer hätte man bei den niedrigen Fallzahlen auch die Maske gut weglassen können. Im Winter müsse die Politik die Bevölkerung aber darauf vorbereiten, dass die Fallzahlen steigen. "Diesen Unterschied hätte man von Anfang an kommunizieren können."
Foto: Hinweis auf Mund-Nasen-Schutz, über dts Nachrichtenagentur