Eine allgemeine Impfpflicht ist nach Ansicht des renommierten Staats- und Verfassungsrechtlers an der Berliner Humboldt-Universität, Prof. Ulrich Battis, vom Grundgesetz zweifelsfrei gedeckt.
Angesichts der rasant steigenden Inzidenzen müsse die Politik zu solch drastischen Maßnahmen greifen. Battis sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" NOZ: "Eine solche allgemeine Impfpflicht ist durchaus vertretbar - und zwar um das Leben anderer Menschen zu schützen."
Die Verfassung sei in diesem Punkt eindeutig. "Die Bürger vorbeugend gegen Corona zu impfen ist durch Artikel 2 des Grundgesetzes gedeckt, der den Schutz des Lebens anderer Menschen festlegt", sagte Battis. "Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, das ebenfalls der Artikel 2 festschreibt, hat dahinter zurückzutreten." Geschützt werden müssten etwa kleine Kinder ebenso wie Menschen, die wegen einer schweren Krankheit oder Impfunverträglichkeit nicht geimpft werden könnten. Dies sei inzwischen gängige Meinung unter führenden Verfassungsrechtlern, da die Corona-Pandemie solch extreme Ausmaße angenommen habe.
Auf die Frage, wann eine solche Impfpflicht kommen sollte, sagte Battis: "Möglichst schnell. Die Impfpflicht kann gegen die vierte Welle nichts mehr ausrichten, dafür ist es zu spät. Aber sie kann gegen eine künftige fünfte Welle helfen." Österreich, das eine Impfpflicht ab 1. Februar 2022 beschlossen hat, könnte nach seiner Ansicht Vorbild sein.
Der Jurist betonte, dass es jetzt weniger um die Rechtsfrage als um die Umsetzung des Rechts gehen müsse. Dafür müsse der Staat sicherstellen, dass Impfverweigerer in strenge Quarantäne kämen. Es dürfe zudem nur wenige Ausnahmen bei der Impfung geben etwa für Menschen mit nachgewiesenen gesundheitlichen Problemen (Impfunverträglichkeit). "Auch die Gewissensfreiheit - etwa aus religiösen Gründen - kann man diskutieren, das muss dann aber hart geprüft werden, etwa wie es bei Wehrdienst-Verweigerern gemacht wurde", sagte Battis. "Bis dahin gehören diese Menschen unter strikte Quarantäne."