Der Feind sitzt bei Diktaturen immer außen. Feindlich Kräfte unterminieren die Elite. Diesen Vorwurf konnte man früher auch in der UdSSR hören. Jetzt warnt Brüssel.
Zehn Monate vor der Europawahl im Mai 2019 wächst in der EU die Sorge vor möglichen Cyberattacken und Wahlmanipulationen.
EU-Sicherheitskommissar Julian King drängt deshalb Mitgliedstaaten, Internet-Plattformen und politische Parteien zum Handeln: "Alle Mitgliedstaaten müssen die Bedrohung der demokratischen Prozesse und Institutionen durch Cyberangriffe und Desinformationen ernst nehmen und nationale Pläne zur Vorbeugung aufstellen", sagte King den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwoch).
"Wir müssen verhindern, dass staatliche und nichtstaatliche Akteure unsere demokratischen Systeme untergraben und als Waffe gegen uns einzusetzen."
King drängte vor allem darauf, dass Internet-Plattformen wie Facebook oder Youtube konsequenter den Kampf gegen Desinformation und Manipulation aufnehmen. "Wir erwarten, dass die Internetplattformen sicherstellen, dass soziale Medien nicht zu einer Waffe gegen Demokratien werden können".
Zu den "dringendsten Maßnahmen" gehört für die Kommission ein Verhaltenskodex, den die Plattformen selbst beschließen sollen. Er solle eine größere Transparenz bei gesponserten Inhalten schaffen mit der Pflicht zur klaren Kennzeichnung und der Angabe des Finanziers.
Die Plattformen sollen ihre Bemühungen verstärken, um gefälschte Accounts zu identifizieren und zu löschen, forderte King weiter. "Wir möchten es Nutzern erleichtern, die Vertrauenswürdigkeit von Inhalten zu bewerten und gleichzeitig die Sichtbarkeit von Desinformation zu reduzieren".
Nach dem ursprünglichen Plan der Kommission sollte der Verhaltenskodex im Juli vorliegen. King sagte, ein erster, Anfang des Monats von Internetplattformen vorgelegter Entwurf sei noch nicht zufriedenstellend - obwohl er einen wichtigen Fortschritt darstelle. Weitere Arbeiten seien erforderlich, um den Kodex bis September umzusetzen.
King forderte zugleich die politischen Parteien in Europa auf, "mit gutem Beispiel voranzugehen". So könnten sie sich bei ihren Online-Kampagnen - etwa bei politischen Botschaften in sozialen Medien - auf bestimmte Standards der Transparenz und Offenheit verpflichten.
Foto: Wahllokal, über dts Nachrichtenagentur