Ein Artikel bei Heise zu hohen Durchschnittsgehältern bei der ARD (9422 Euro) rief ver.di auf den Plan. Die Gewerkschaft denunzierte in einem offenen Brief den Autor als Rechtsaußen. In einer Art Kniefall fiel der Verlag nun über den eigenen Schreiber her.
von Dieter Losheim
9422 Euro Durchschnittsvergütung pro Kopf pro Monat bei der ARD. Fast doppelt so hoch wie bei DAX-Konzernen. Eine nüchterne Analyse bei Telepolis / Heise online des Autors Dr. Viktor Heese sorgt für Aufregung.
In den Kommentaren erfreute sich die Analyse überwiegend größter Zustimmung. Das lag nicht nur an der sachlich-nüchternen Zusammenstellung der Zahlen. Schließlich kritisierte selbst der Rechnungshof schon zu hohe Gehälter z.B. beim RBB. Auch beim Bayerischen Rundfunk gab es Beschwerden über üppige Zahlungen, wie der SPIEGEL berichtete.
ARD schießt zurück
Die ARD sieht das natürlich anders und schickt zur Schützenhilfe offenbar die Gewerkschaft ver.di vor. Diese beklagte sich bitter in einem offenen Brief direkt beim Chefredakteur von Heise online. Vorwurf: Angeblich Äpfel mit Birnen verglichen. Qualitätsjournalismus habe seinen Preis. Da aber die Gewerkschaft das Zahlenmaterial kaum entkräften konnte, griff verd.di zum letzten Mittel.
Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant
Ver.di schnüffelte in der Publikations-Historie des Autors und wurde fündig. Angeblich habe Heese Artikel über die Börse bei Arcadi veröffentlicht. Arcadi ist rechts. Außerdem würde er die ARD als Staatsfunk bezeichnen - AfD-Jargon. Heise mache somit bewusst Stimmung gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und bediene populistische Propaganda der AfD.
Die Reaktion bei Telepolis ließ nicht lange auf sich warten: Der Schreiber wurde gefeuert.
Autor Dr. Heese gegenüber MMnews: "An den Zahlen ist nicht zu rütteln, ich kann die Entscheidung nicht nachvollziehen."
"Den staatlichen Rundfunk hässlich gerechnet"
Doch dabei blieb es nicht. Offenbar unter politischem Druck veröffentlichte Telepolis umgehend eine Art "Gegen-Analyse" mit dem Titel: "Den staatlichen Rundfunk hässlich gerechnet".
Stellt sich die Frage: Kann man etwas hässlich rechnen? So ist denn der in Form eines Kommentars geschriebene Artikel pure Agitation gegen den eigenen Autor.
"Heese rechnet sich den Rundfunk absichtlich hässlich. Seine vielen sachfremden Ausführungen kommen offensichtlich von der betriebswirtschaftlichen Perspektive, beziehungsweise der dahinter stehenden gesellschaftspolitischen Stimmungsmache. Deutlich wird das schon am kapitalistischen Vokabular. Die ARD wiederholt als "Konzern" zu bezeichnen, ist sachlich völlig überflüssig.
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Der Angriff auf die Fundamente solcher Einrichtungen für die Allgemeinheit (er meint damit ARD & ZDF) kommt daher nur von Angehörigen der besitzenden Klasse.
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Es ist deshalb kein Zufall, dass Heese mit der AfD Köln zusammenarbeitet und als "Wirtschafts- und Börsenexperte" des an junge Leute gerichteten Magazins "Arcadi" bezeichnet wird, das 2017 von AfD-Aktivisten gegründet wurde und der "Identitären Bewegung" nahestehen soll. Laut "Kölner Stadt-Anzeiger" hat es sogar "Werbung für zwei Neonazi-Shops" gedruckt.
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Deshalb wird er (der "staatliche Rundfunk") da, wo er journalistische Mindeststandards erfüllt, von Faschisten und anderen Nationalisten bekämpft, für uns vielleicht am wahrnehmbarsten in Österreich und Polen."
Interessant in diesem Zusammenhang: Der Autor des Schmähartikels gegen Heese spricht selbst von "staatlichem Rundfunk", lobt diesen ausdrücklich als Errungenschaft und vergleicht ihn sogar mit der Sozialversicherung. Zitat:
"Auch die Sozialversicherung ist eine Zwangseinrichtung, gleichzeitig aber eine Errungenschaft. Selbst Arme müssen da einzahlen."
Fazit:
"Kritik an ARD" - nach dem Ausrutscher von letzter Woche und unter offenbar erheblichen Druck des politisch-medialen Komplexes ruderte Telepolis / Heise zurück ins politisch-korrekte Reich. Der Autor wurde als "rechts" gebrandmarkt, die weitere Zusammenarbeit beendet. Der "öffentlich-rechtliche Rundfunk" ist Qualitätsjournalismus, der seinen Preis hat und mit nichts vergleichbar ist, erst recht nicht mit DAX-Konzernen.
ARD & ZDF sind eine Errungenschaft wie die Sozialversicherung, die auch jeder bezahlen muss. Kritik daran ist populistisches AfD-Gedöns oder sogar noch rechter. Faschisten und Nationalisten bekämpfen ARD & ZDF, weil sie journalistische Mindeststandards erfüllen.
Kleiner Wermutstropfen, der dem Verlag jedoch egal ist: Die Kommentare unter dem Artikel sehen das offenbar anders. Eine Leserzuschrift bringt es auf den Punkt: "Nur die Zwangsabgabe ist hässlich!"