Zahlreiche deutsche Europaabgeordnete haben offensichtlich den Versuch gestartet, doppelt Rente zu kassieren: Von der EU und vom Bund: Sie sind oder waren Mitglieder in einem umstrittenen Luxemburger Pensionsfonds, der ihnen eine Altersversorgung von monatlich bis zu 5575 Euro sichern kann. Das berichtet das Hamburger Magazin stern in seiner neuen, am Donnerstagerscheinenden Ausgabe.
Die deutschen EU-Parlamentarier haben allerdings bereits das gleiche Anrecht auf eine Altersentschädigung wie Bundestagsabgeordnete. Zahlungen aus dem EU-Fonds, der von einemLuxemburger Verein verwaltet wird, müssen laut Gesetz mit der deutschen Pension verrechnet werden. Allerdings ist nach Recherchen des stern nicht gewährleistet, dass die Bundestagsverwaltung von allen Anwartschaften aus dem Luxemburger Fonds erfährt. Er wird zu zwei Dritteln mit Steuergeldern finanziert und stieß mehrfach auf Kritik seitens des EU-Rechnungshofes.
Das EU-Parlament hielt die Namen der Fondsteilnehmer bisher geheim. Dem stern liegen aber die Mitgliederlisten des Luxemburger Pensionsvereins vor. Mindestens 37 der gegenwärtig 99 deutschen Abgeordneten sind dabei. Zählen die Ausgeschiedenen mit, stehen sogar76 Deutsche auf den Listen.
Noch im Jahr 2004 trat demnach der EU-Abgeordnete und Präsident des CDU-Wirtschaftsrates Kurt Lauk dem Fonds bei, genauso die Abgeordnete Sahra Wagenknecht (Linke) und die ehemalige Grünen-Bundesvorsitzende Angelika Beer.
Die deutschen Grünen im EU-Parlament hatten ihren Mitgliedern nach der Europawahl 2004 eigentlich abgeraten, dem Fonds beizutreten. Zeitweise waren auch die heutige Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth und der jetzige sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) Mitglieder des Fonds. Beide sind aber nach eigenen Angaben wieder ausgeschieden.
Nach Recherchen des stern steht der Fonds vor massiven finanziellen Problemen. Schon Ende 2007 betrug sein versicherungsmathematisches Defizit 31 Millionen Euro. Seitdem könnten die Anlagen in Folge der Finanzmarktkrise noch einmal "die Hälfte an Wert verloren" haben, sagte der Finanzanalytiker Volker Looman dem stern. Die Abgeordneten hatten zuletzt über 70 Prozent desVermögens in Aktien angelegt. Aus Loomans Sicht war eine solch riskante Investitionsstrategie "unvertretbar".