Deutschland wurde im ersten vollen Abschaltmonat Mai 2023 zum Netto-Importeur von Strom, und das kräftig. Was ist eigentlich, wenn Wind und Sonne mal unglücklich wenig Strom anliefern und die Nachbarn ihr Zeug selbst brauchen?
von Peter Kernag
Ich fürchte mal, irgendwann lacht ganz Europa über unsere Energiepolitik. Zum 15. April (!!! – ein Aprilscherz?) mussten unbedingt die letzten drei Kernkraftwerke abgeschaltet werden, um den Altkämpfern gegen die Kernenergie nicht ihre Träume kaputtzumachen. Aber das ist ja nicht nur ein grüner Spleen, sondern die Vorgängerregierung unter der genialen Kanzlerin Angela Merkel hatte schon vor Jahren beschlossen, nach einem Seebeben im Pazifik (Fukushima) auch in Bayern und anderen deutschen Gegenden die Reaktoren endgültig auslaufen zu lassen.
Nun kommt es, wie es für jeden, der sich mit der Sache beschäftigt hat, klar sein musste: nachdem Deutschland seit ewigen Zeiten einen beruhigenden Stromüberschuss hatte, den man ins Ausland abgeben konnte, waren wir im ersten vollen Abschaltmonat Mai 2023 nun Netto-Importeur von Strom, und das kräftig. Ich habe Ihnen extra mal einen Durchschnitt von 2016 bis 2019 in Rot eingezeichnet, also vor den Verwerfungen von Corona und Ukraine.
Ich zeige Ihnen das auch mal in Tabellenform. Die rote Zahl weit rechts unten ist eine Netto-Einfuhr. Sie sehen daraus, dass mehr als der Rückgang bei der Kernenergieerzeugung durch Einfuhren ausgeglichen wurde. Bissel was davon kommt erfahrungsgemäß zuweilen aus dem Windland Dänemark, der größte Teil indes von den Atomfreunden in Frankreich. Aber auch Holland und Polen wollen in Zukunft wieder mehr auf Atomenergie setzen. Da gilt dann womöglich: bei uns kommt der Strom nicht aus der Steckdose, wie lange über die Atomgegner gescherzt wurde, sondern aus den Reaktoren kurz hinter der Grenze.
Nun könnte man ja denken: warum soll denn Deutschland dauernd das Ausland mitversorgen, können die doch auch mal das Gegenteil machen, bis halt unsere schönen Solar- und Windparks uns wieder unabhängig machen. Die Sache hat nur – zumindest in den nächsten Jahren – mindestens einen Haken. Selbst wenn wir massenhaft regenerativen Strom erzeugen, bisher können wir nur einen mikroskopischen Teil davon lagern. Was ist eigentlich, wenn Wind und Sonne mal unglücklich wenig Strom anliefern und die Nachbarn ihr Zeug selbst brauchen? Nun ja, muss man halt auf den Klimagott vertrauen.