Kurz vor der bevorstehenden Novelle des Infektionsschutzgesetzes hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) die konsequente Anwendung der geplanten Ausgangssperren angemahnt.
"Die Ausgangssperre ist ein Signal für die Dramatik der Lage und dafür, dass wir es ernst meinen - gerade weil es sie bisher in Deutschland kaum gab", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS). Es gehe nicht um den Spaziergänger mit Hund, sondern um die Einhaltung der Kontaktregeln.
"Überall auf der Welt, wo eine Infektionswelle erfolgreich gebrochen wurde, hat man das mit dem Instrument eines harten Lockdowns geschafft", sagte der Minister.
"Auf der sicheren Seite sind wir, wenn wir insgesamt die Zahl der sozialen Kontakte reduzieren - und die entstehen, wenn alles geöffnet ist." Daran seien alle differenzierte Modelle wie in Tübingen oder Rostock gescheitert. Nur wenn sich die Bevölkerung an die verschärften Regeln halte, könne man Menschenleben retten, warnte Altmaier:
"Die konkrete Alternative wäre die völlige Überlastung des Gesundheitssystems, mit zehntausenden zusätzlichen Toten." Wenn durch entschlossenes Handeln hingegen ein schneller Rückgang der Infektionen gelinge, könne man die neu gewonnene Stabilität für vorsichtige Erleichterungen nutzen: "Je mehr wir uns jetzt alle gemeinsam zusammenraufen, desto schneller kommen wir zu Lockerungen."
Die Konzern-Chefs Heinrich Deichmann und Alexander Otto kritisierten die geplante Novelle des Infektionsschutzgesetzes, forderten aber ebenfalls einen harten, dafür zeitlich begrenzten Lockdown. "Mit der Schließung unserer Geschäfte wird ein Teil der Wirtschaft geopfert, ohne dass sich damit an der Pandemie Wesentliches ändert. Der Handel ist kein Infektionstreiber", sagte der Chef der Schuhhandelskette Deichmann, Heinrich Deichmann, der "Bild am Sonntag".
Der Chef des Einkaufszentren-Betreibers ECE, Alexander Otto, ergänzte: "Ich fürchte, dass dieses Infektionsschutzgesetz dazu beitragen wird, dass die Akzeptanz der Bevölkerung für die Maßnahmen langsam verloren geht. Wir sollten uns stattdessen darauf konzentrieren, Infektionsherde einzudämmen und gezielt zu bekämpfen."
Statt einer weiteren Schließung der Geschäfte plädierte Deichmann für Verschärfungen in anderen Bereichen. "Die Menschen stecken sich vor allem im privaten Umfeld an, deshalb kann eine nächtliche Ausgangssperre sinnvoll sein. Viele Infektionen passieren zudem in den Schulen und in den Betrieben, dort muss eindeutig mehr getestet werden", sagte er. Sollte sich eine Schließung nicht vermeiden lassen, wollen die beiden Firmen-Chefs, dass der Lockdown zeitlich begrenzt und in allen Teilen der Wirtschaft durchgesetzt wird.
"Wenn es wirklich einen Lockdown geben muss, dann bitte einen kurzen, aber dafür harten für alle - auch für die Industrie", sagte Deichmann. Otto ergänzte: "Wenn es eine klare Perspektive und einen klar begrenzten Lockdown gibt und alle Gesellschaftsbereiche mitmachen, also auch alle Wirtschaftszweige schließen, wäre die Wirkung und Akzeptanz deutlich höher."
Foto: Hinweis auf Abstandsgebot auf Spielplatz, über dts Nachrichtenagentur