Nach dem bedrohlichen Fackelaufzug von Corona-Skeptikern vor dem Privathaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) fordert Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) schärfere Maßnahmen gegen immer aggressiver auftretende "Querdenker". Der Aufmarsch sei "ein Angriff auf die Demokratie" gewesen und erfordere "ein klares Signal des Rechtsstaats", sagte Wöller der "Bild" (Montagausgabe). "Ich fordere Schnellprozesse, um Verstöße gegen die Corona-Schutzmaßnahmen sofort und rigoros zu ahnden. So etwas darf nicht erst Wochen später passieren", sagte Wöller.
Er forderte zudem eine Änderung der Bundesgesetze, um gegen Hass-Posts in Sozialen Netzen wie Telegram vorgehen zu können, die "längst keine harmlosen Messenger-Dienste mehr sind, sondern Plattformen für Hass und Hetze". "Wer Mordaufrufen eine Bühne bietet, muss dafür in Haftung genommen werden können. Die Polizei muss die Möglichkeit haben, die anonyme Hetze ahnden zu können, an die Klarnamen der Menschen zu kommen, die sich dort hinter irgendwelchen Phantasienamen verstecken."
Sachsens Verfassungsschutzchef Dirk-Martin Christian warnte vor einer wachsenden Radikalisierung der Anti-Corona-Aktivisten. "Die Idee eines gewaltsamen Widerstands gegen demokratische Regeln gehört inzwischen zu den typischen Standardforderungen der Bewegung der Corona-Leugner", sagte Christian der "Bild". Unter dem Einfluss von Rechtsextremisten, "Reichsbürgern" und Antisemiten seien die Proteste "immer aggressiver geworden. Spätestens mit den gewaltsamen Attacken auf Polizeibeamte und Journalisten und den strafbewehrten Verbalattacken gegen den sächsischen Ministerpräsidenten sind eindeutig `rote Linien` überschritten."
Bemerkenswert sei, so Christian, "dass die Teilnehmer aus dem sogenannten bürgerlichen Spektrum keinerlei Tendenzen erkennen lassen, sich von Extremisten und deren verfassungsfeindlicher Agenda klar zu distanzieren". Mit zunehmenden Infektionszahlen und Corona-Maßnahmen wachse die Gefahr, "dass die Schar der Unzufriedenen, die meint, in Verschwörungstheorien und Umsturzfantasien eine Lösung für ihre Probleme zu finden, immer größer wird". "Insbesondere die rechtsextremistische Gruppierung `Freie Sachsen`, die sich inzwischen als `Mobilisierungsmaschine` der Protestszene in Sachsen fest etabliert hat, steht für die zunehmende Gewaltbereitschaft der Proteste in Sachsen. Die von dieser Gruppierung initiierten bzw. beworbenen Versammlungen haben nicht selten einen gewaltsamen Verlauf genommen", sagte Christian.
Foto: Roland Wöller, über dts Nachrichtenagentur