Gysi: »Hier wird ein politisches Interesse der Grünen und ein wirtschaftliches Interesse der USA, die uns hier Fracking-Gas verkaufen wollen, mit internationaler Politik gemischt«
Außenpolitiker der Linken üben scharfe Kritik an der Entscheidung der Bundesregierung, die Inbetriebnahme der umstrittenen Erdgaspipeline Nord Stream 2 wegen der russischen Aggression gegen die Ukraine vorerst zu stoppen. »Hier wird ein politisches Interesse der Grünen und ein wirtschaftliches Interesse der USA, die uns hier Fracking-Gas verkaufen wollen, mit internationaler Politik gemischt«, sagte der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Gregor Gysi, dem SPIEGEL. »Für mich ist es schon deshalb ein Missbrauch, weil die USA auf der anderen Seite die Lieferungen von Erdöl aus Russland in die USA – Russland ist der zweitgrößte Öl-Exporteur in die USA – um keinen Liter kürzen.«
Ähnlich sieht es die Linken-Außenpolitikerin Sevim Dağdelen: »Mit dem Stopp der Zertifizierung von Nord Stream 2 schießen wir uns in Deutschland selbst ins Bein. Die Folgen werden die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland mit explodierenden Gaspreisen zu tragen haben«, sagte Dağdelen. Die einzige Profiteurin »dieser wirtschaftlich sowie klimapolitisch dummen Entscheidung ist die US-Frackingsgasindustrie, die jetzt ihr dreckiges und überteuertes Gas in Europa loswerden kann, das ansonsten nicht konkurrenzfähig ist mit russischem Gas«.
Linken-Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow äußerte sich differenzierter, ohne sich jedoch klar positiv zum vorläufigen Stopp des Pipelineprojekts zu positionieren. Man müsse ohnehin den Anteil fossiler Energien reduzieren, so Hennig-Wellsow zum SPIEGEL. »Zumal sich nun abermals erweist, wie eng internationale Konflikte und fossile Energiemärkte verbunden sind. Schnellerer Ausbau von Alternativen, das ist das Gebot der Stunde«, sagte Hennig-Wellsow. Sie forderte die Bundesregierung auf, hier schneller vorzugehen und für sozialen Ausgleich bei den Energiepreisen zu sorgen.