Die Ukraine erwartet von Deutschland einen hohen Beitrag für die Finanzierung des Staates in Kriegszeiten. "Wir brauchen jeden Monat vier bis fünf Milliarden Dollar für unseren Haushalt. Wir glauben, dass Deutschland etwa 500 Millionen Dollar pro Monat übernehmen könnte, vor allem mit Blick auf das Jahr 2023. Von der EU insgesamt erhoffen wir uns rund zwei Milliarden Dollar pro Monat", sagte der Wirtschaftsberater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Alexander Rodnyansky, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagausgaben).
"Der Staat muss funktionieren, die Renten müssen ausgezahlt werden." Und weiter: "Vor den neuesten Angriffen wurden die Schäden für die Zerstörung der Infrastruktur auf rund 120 Milliarden Dollar geschätzt", fügte Rodnyansky hinzu. Die Schäden für die Wirtschaft - Unternehmensschließungen, Arbeitslosigkeit - betrügen nach Berechnungen der Weltbank etwa 200 bis 250 Milliarden Dollar. "Das Bruttoinlandsprodukt wird in diesem Jahr laut Prognosen um rund 35 Prozent einbrechen." An Soforthilfe für die Ukraine erhofft sich Rodnyansky vom Westen Dieselgeneratoren, Notstromgeneratoren oder mobile Kraftwerke. Sie an diesem Dienstag in Berlin stattfindende internationale Wiederaufbaukonferenz beschäftige sich mit den "mittel- bis langfristigen Herausforderungen" nach dem Krieg. "Aber es ist wichtig, schon jetzt den künftigen Wiederaufbau vorzubereiten.
Wir erhoffen uns eine bessere Koordinierung mit den westlichen Partnern, damit wir uns auf einen Plan einigen können", betonte der Wirtschaftsberater von Selenskyj. "Es geht aber auch um die konkrete Strategie für den Wiederaufbau. Wir müssen klären, welche Industrien wir fördern sollten", so Rodnyansky. "Die Ukraine hat nach wie vor großes Potential in der Landwirtschaft - vor allem, wenn diese in den EU-Binnenmarkt integriert werden soll. Über unsere Gaspipelines könnten wir in der Zukunft grünen Wasserstoff exportieren. Auch IT und neue Technologien sind vielversprechende Branchen."
Mit den neuesten russischen Drohnen- und Raketenangriffen wende Russland ein "Instrument des Wirtschaftskrieges" gegen die Ukraine, aber auch die EU an, unterstrich der Selenskyj-Berater. Die Ukraine, die seit April an das zentraleuropäische Stromnetz angeschlossen ist, könne nun nicht mehr Energie in EU-Länder exportieren. "Doch durch die Bombardierung unserer Kraftwerke haben die Russen eine wirtschaftspolitische Front im Krieg eröffnet: Leider haben sie ihr Ziel, die ukrainischen Stromexporte abzuwürgen, erreicht. Unsere Währung und unsere Währungsreserven werden infolge der wegfallenden Einnahmen nicht mehr gestützt. Aber die Angriffe sind auch ein gezielter Schlag gegen die Energiesicherheit der EU."
Foto: Ukrainische Flagge auf dem Parlament in Kiew, über dts Nachrichtenagentur