Der interne "Migrationsanalyse Bericht" der Bundespolizei zur illegalen Einwanderung ist seit Anfang September nicht mehr erschienen. Seit 2018 wurde er stets zu Monatsbeginn ins Intranet der Behörde gestellt, um deren Beamten an den Grenzen einen Überblick über das bundesweite Migrationsgeschehen zu geben. Anfang Oktober erschien der Bericht nicht mehr.
Das Bundespolizeipräsidium erklärte auf Anfrage, die Behörde äußere sich nicht zu internen Arbeitsprozessen. Das Innenministerium teilte mit, interne Berichte der Bundespolizei richteten sich generell nach den "Erfordernissen und Bedarfen" und dienten allein der internen Kommunikation. Die "Welt am Sonntag" berichtet, die Bundespolizei habe mitgeteilt, dass die Zahl der "festgestellten unerlaubten Einreisen nach Deutschland" seit Juni 2022 "außerhalb der statistischen und saisonalen Schwankungen" erkennbar zunehme. Im September wurden demnach 12.701 Einreisen festgestellt.
Das sind fast 50 Prozent mehr als im August (8.846) und fast doppelt so viele wie in den Sommermonaten Juni (6.667) und Juli (6.941). Dass der Bericht für September nicht wie üblich Anfang des Folgemonats veröffentlicht wurde, kritisiert die Vizevorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Andrea Lindholz, als "Intransparenz von Frau Faeser" und "migrationspolitische Geisterfahrt der Ampel". Lindholz will das Thema im Innenausschuss des Bundestages einbringen. Angesichts des starken Anstiegs illegaler Einreisen, sagte Lindholz, "brauchen die Behörden und speziell die Bundespolizei mehr Analysen und Berichte und nicht weniger". Die Begründung des Ministeriums dafür, den Bericht ausgerechnet jetzt nicht mehr bereitzustellen, wirke "einfach absurd".
Der Vorsitzende des Bundespolizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, sagte: "Man hat den Eindruck, man will kein Problem haben. Auch wenn es da ist, soll es keiner sehen." Das Aussetzen des Berichts bedeute, "die Bundesbehörden, die Bundestagsabgeordneten, die Einsatzführer der Bundespolizei, wir alle haben den Überblick über die Migration verloren. Wir haben die Hoheit über die Zahlen verloren." Was er von Kollegen an den Grenzen höre, bringe ihn zu der Einschätzung, man sei "mittendrin in einer Lage wie 2015". Der Unterschied sei nur, dass damals viele Menschen "in einer riesigen Karawane" gleichzeitig kamen und heute "in kleinen Gruppen". Innenministerium und Bundespolizei bestreiten das. Der Anstieg irregulärer Zuwanderung sei spürbar, aber nicht mit 2015/16 vergleichbar, teilte Faesers Haus mit. Die Bundespolizei erklärte: "Die derzeitigen Feststellungszahlen der unerlaubten Einreise liegen aktuell deutlich unter denen vom Herbst 2015."
Foto: Flüchtlinge auf der Balkanroute, über dts Nachrichtenagentur