Die Aktie des Panzer-Herstellers Rheinmetall springt auf Rekordhoch. Es wird diskutiert, ob Rüstungstitel vielleicht doch einen Platz in nachhaltigen Fonds verdient haben. Schwere Waffen, so lautet die Logik, sind nicht per se verwerflich.
Rheinmetall AG 5 Jahre
Börsen-Zeitung: "Keine Panzer in grüne Fonds", Kommentar zur Rüstungsindustrie von Jan Schrader
Die Börse ist nicht zimperlich. Wenn sich Waffengeschäfte lohnen, zeigen die Kurse der Rüstungsbranche aufwärts. Das lässt sich seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine rund um die Welt beobachten - und es zeigt sich auch jetzt. Kaum sickerte durch, dass Berlin Kampfpanzer des Typs Leopard 2 liefert und verbündeten Staaten grünes Licht dafür erteilt, stieg die Aktie des Herstellers Rheinmetall auf ein Allzeithoch von 232,00 Euro.
Doch die Zeitenwende beschränkt sich im Investmentmanagement nicht auf steigende Kurse diverser Rüstungstitel. Mittlerweile taucht die Frage auf, ob Rüstungstitel vielleicht doch einen Platz in nachhaltigen Fonds verdient haben. Schwere Waffen, so lautet die Logik, sind nicht per se verwerflich, sondern häufig leider notwendig. Demokratien müssen wehrfähig sein. Krieg aus Verteidigungsgründen ist legitim. Abschreckung ist ein mitunter notwendiges Mittel für Frieden. Ergo: Eine Aktie einer Rüstungsfirma im Depot kann mit ethischen Prinzipien vereinbar sein.
Diese Haltung ist nachvollziehbar. Doch sie wird der Tragweite der Debatte nicht gerecht. Das zeigt auch die Panzer-Entscheidung. Zwar gibt es für die Lieferung gute Gründe. Russland führt einen brutalen und unrechtmäßigen Krieg und schreckt vor Mord und Folter nicht zurück. Das Signal an Moskau sollte sein, dass es den Krieg nicht gewinnen kann. Doch zur Debatte gehört auch, dass die Folgen der Entscheidung schwer absehbar sind. Immerhin wendet sich die Allianz westlicher Länder gegen einen Staat, der skrupellos agiert und mit Atomschlägen droht. Ohnehin ist Krieg immer verstörend. Auch Waffen, die zur Verteidigung eingesetzt werden, töten Menschen. Die Produktion von Rüstungsgütern mag notwendig sein. Unproblematisch ist sie aber nicht.
Der Erwerb von Rüstungstiteln von ESG-Fonds ist daher heikel. Man mag sich ein verantwortungsvolles Fondsmanagement vorstellen, das Rüstungskonzerne kritisch und in guter Absicht begleitet. Aber welche Fondsgesellschaft und welcher Investor würde ein solches Investmentvehikel ernsthaft als nachhaltiges Geschäft anpreisen? Das Produktversprechen, aus Rüstungsgeschäft Profit zu ziehen und gleichzeitig ein verantwortungsbewusster Begleiter der Unternehmen zu sein, lässt sich kaum glaubwürdig vermitteln.
Natürlich sind auch andere Geschäfte problematisch. Kohleförderer, Atomkraftbetreiber, Massentierhalter, Tabakriesen, Bergbaufirmen und viele mehr verdienen stets einen kritischen Blick und gehören womöglich nicht in nachhaltige Fonds. Die Gefahr von Zwangsarbeit in den fernen Gliedern einer Lieferkette ist für viele Branchen ein Problem, ebenso der Ressourcenverbrauch moderner Ökonomien. Nachhaltigkeit ist ein weites Feld, der Ermessensspielraum ist groß und die Rolle der Fonds unklar. Das prägt die Debatte.
Doch Fragen rund um Krieg wiegen bei alledem besonders schwer. Waffen sind oft genug ein notwendiges Übel - doch sie bleiben stets ein Übel. Das Prinzip "Do No Significant Harm", das in der nachhaltigen Kapitalanlage einen hohen Stellenwert genießt, verträgt sich jedenfalls nicht mit Rüstungsgütern. Die Hersteller müssen also damit leben, dass sie umstritten sind. Das Etikett der Nachhaltigkeit ist nicht für sie bestimmt.