Was macht den Wert einer Kryptowährung aus? - Erstmals ist es möglich, Werte außerhalb des Zentralbankensystem zu lagern, ohne dass man dafür zum Beispiel auf Gold oder Silber ausweichen muss.
Von Sascha Opel
Eine Frage, die intensiv diskutiert wurde und die wahrscheinlich jeden in der Szene – ob Newcomer oder Alter Hase – umtreibt: Was ist der Wert einer Kryptowährung wie Bitcoin? Was bestimmt den Wert und was macht Bitcoin wertvoll? Die Antwort ist nicht einfach zu finden, da Bitcoins und andere Kryptowährungen weder an einen Rohstoff, noch an sonstige, zentrale und „vertrauenswürdige“ Institutionen, wie Zentralbanken, gekoppelt sind.
Die überzeugendste Antwort, die jemand lieferte, mag erst auf den zweiten Blick überzeugen: Weil es ein einzigartiger Service ist! Der Wert dieses „Service“ ist die Tatsache, dass es die erste Weltwährung ohne Zwischenstellen ist und ohne Banken und Zentralbanken auskommt. Erstmals ist es möglich, Werte außerhalb des Zentralbankensystem zu lagern, ohne dass man dafür zum Beispiel auf Gold oder Silber ausweichen muss. Bitcoin und Ethereum sind zudem die „Eintrittskarten“ in die Kryptowelt.
Da wir auch weiterhin von einem exponentiellem Wachstum des Sektors ausgehen (da eben alle zentral gesteuerten Geschäftsmodelle durch dezentrale Tokenlösungen mit eigenen Kryptowährungen angegriffen wird; wir rechnen noch mit tausenden weiteren Kryptowährungen und ICOs in den nächsten 5 Jahren!), sind sämtliche Untergangsszenarien für Bitcoin oder Ethereum unrealistisch.
Ethereum
Gerade an Ethereum führt kaum ein Weg vorbei, da viele neue Coins auf deren ERC-20-Token aufbauen. ERC-20 ist ein offizieller Ethereum-Standard, der von Fabian Vogelsteller und Vitalik Buterin bereits Ende 2015 veröffentlicht wurde. Dieser ermöglicht unter anderem, bestehende, zentrale Geschäftsmodelle, durch individuelle Smart Contracts anzugreifen.
Grob erklärt sind Smart-Contracts „Wenn-dann-Regeln“, die festlegen, welche Aktivität ausgeführt wird, wenn ein bestimmtes Ereignis eintritt. Smart-Contracts legen beispielsweise fest, wie ein Transfer der Token stattfindet und sorgen dafür, dass die Guthaben der einzelnen Nutzer (Adressen) gespeichert werden. Immer mehr ICOs nutzen diese Ethereum ERC-20-Token, so dass die Eintrittskarte in die Kryptowelt zwangsweise eine hohe Nachfrage nach Ethereum nach sich zieht.
Will man bei einem ERC-20-basierten ICO mitmachen, muss man vorher Ethereum besitzen. Diese Smart Contracts und ICO-Möglichkeiten einer Kryptowährung wie Ethereum erklären auch den Aufstieg ähnlicher Kryptowährungen/
Blase?
Ist das ganze eine Blase? Dies war ein schwer diskutiertes Thema am ersten Tag. Einige der smartesten Köpfe der Finanzindustrie, wie Warren Buffet, sind bekanntlich strikt gegen Kryptos. Es ist jedoch immer eine neue Technologie die zunächst skeptische Beurteilungen erhält. Buffet war auch schon 1998 eine erbitterter Skeptiker von Internetaktien und ärgert sich heute, dass er damals nicht in Amazon investiert hat, obwohl es ihm angeboten wurde.
Auch bei der Umstellung vom Pferd aufs Auto oder beim Hype um die Eisenbahnen in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, gab es immer viele Skeptiker. Wenn jedoch eine Idee so disruptiv ist, dass sie herkömmliche Geschäftsmodelle überflüssig macht, dann wird diese Zerstörung nicht linear ablaufen, sondern exponentiell.
Das Unvorstellbare denken
Unser komplettes menschliches Denken ist jedoch nicht für eine exponentielle Denkweise geschaffen. Niemand konnte sich im Jahr 1985 vorstellen, dass ein ganz normaler PC einmal 1 GB Festplattenspeicher haben könnte. Damals musste man für eine 20 Megabyte-Festplatte 2.000 Euro (4.000 DM) auf den Tisch legen, oder 104.000 Euro für das Gigabyte. Heute hat ein iPhone 128 Gigabyte Speicherkapazität, die damals 13,3 Millionen gekostet hätte.
Was wir damit sagen wollen: die 2017 einsetzende, exponentielle Wachstumsrate der Kryptowährungen und Blockchains, könnte nur ein Vorgeschmack dessen gewesen sein, was uns in den nächsten Jahren noch erwartet. Wurden 2016 nur knapp 100 Millionen USD in neue Blockchain– und Kryptos investiert, waren es 2017 schon 3,6 Milliarden. Die Marktkapitalisierung explodierte auf 500 Milliarden USD. Wer will schon dagegen wetten, dass es in ein paar Jahren nicht 5, 10 oder 50 Billionen USD sind?
Denn: Das größte Problem, mit der die Branche aktuell zu kämpfen hat, ist der Mangel an Entwicklern. Dies bremst das potenzielle Wachstum derzeit aus. Auf 14 freie Blockchain-Entwicklerstellen, gibt es am Markt nur einen Entwickler.
Der Kampf um die besten Köpfe war auch in Miami ein wichtiges Thema. Viele Projekte und ICOs liegen derzeit auf Eis bzw. kommen nur schleppend voran, weil es einfach an Manpower fehlt. Aus diesem Grund wurde nun die erste Blockchain Academy („School of Blockchain“) von Jason King, ebenfalls eine Größe der Szene, gegründet. Diese hat auf der Konferenz die Übernahme der bulgarischen Softuni bekannt gegeben, wo einige der besten Blockchainentwickler studieren. ( > https://softuni.bg/ )
Heilsamer Absturz
Einige Bitcoin-Pioniere sahen den Absturz von 20.000 auf unter 10.000 USD, der kurz vor dem Start der Konferenz die Märkte erschütterte, als heilsam und notwendig an, um die richtigen Fragen zu stellen und die Community aufzuwecken. So fragte Jeremy Gardener, Bitcoin-Multimillionär und Gründer des Blockchain Education Network, folgende Fragen - und gab auch gleich die Antworten dazu:
· Ist Bitcoin oder eine andere Kryptowährung bereits Standard bei der Bezahlung im Web? No.
· Gibt es aktuell irgendeine Kryptowährung, die wirklich einfach, sicher und wenig volatil und somit planbar zu nutzen ist? No.
· Sind Blockchain-Lösungen schon das entscheidenden Tool für diejenigen, die keinen Bankzugang haben? Hardly.
· Was ist mit der Idee, blockchain-basierte und damit fälschungssichere Wahlen durchzuführen und Verwaltungen darauf umzustellen? „Kommt irgendwann“,
· Gibt es irgendeine Anwendung, die sehr viele Menschen nutzen? Hier lieferte er die Antwort: Ja, mit Bitcoins einen Kaffee für umgerechnet 3 USD bezahlen und dafür 50 USD Transaktionsgebühren bezahlen.
· Gibt es irgendeine Blockchain-Lösung, die wir täglich nutzen bzw. uns einen Nutzen bringt? „Bislang keine einzige“.
Shitcoins: Pump and Dump
Aber natürlich hat Gardener diese kritische Aufstellung nicht ohne einen Blick und Lösungsansatz für die Zukunft stehen lassen. Sein Rat an die gesamte Community lautet: Man sollte sich nicht von Gier und kurzfristigen Gewinnen blenden lassen, sondern jeder im Saal solle anfangen zu investieren und mit dem kurzfristigen Profitstreben aufhören.
Man solle in die besten Teams und die besten Technologien investieren und nicht in die besten Vermarkter und auf „Pump-and-Dump“-Promoter von irgendwelchen „Shitcoins“ hereinfallen. Zudem ermunterte er alle Investoren, auch in Start-Ups aus dem Sektor zu investieren, oder aktiv die Krypto-Bildung von Bekannten und Verwandten anzugehen. Nur wenn nach und nach viele Menschen die Vorteile von dezentralen Währungen erkennen, könne sich die Technologie etablieren.
Der Absturz ist potenziell heilsam. Er ist ein Warnsignal für alle, die gierig auf den Zug aufgesprungen waren. Wie schon in den letzten Jahren wurde um das chinesische Neujahrsfest Kasse gemacht und zudem kursieren fast täglich neue Meldungen von regulatorischen Eingriffen, welche Anleger verunsichern.
Hinzu kommen die Profitools, welche institutionelle Anleger seit Einführung der Bitcoin-Futures nutzen können (um Druck auszuüben und/oder die Vola zu nutzen). Bislang haben die Futures noch nicht zu einer Beruhigung des Handels beigetragen. Eher das Gegenteil ist – wie von uns schon Mitte November in diesem Artikel vorhergesagt - seit Mitte Dezember der Fall. Link: http://investman.de
Visionen
Kryptofreaks der frühen Stunde, wie James Gardener, sehen daher die Vision eines globalen Zahlungssystems, welches Banken überflüssig macht, in Gefahr. Eine Währung, die binnen Tagen um ein Drittel oder mehr einbricht oder steigt, ist ungeeignet für den Kauf von teuren Produkten. JA nicht einmal für einen Kaffee, wenn das System überlastet ist und die Transaktion teuer. Das dahinterstehende Bitcoin-System ist nicht für den Massenmarkt ausgelegt und da sich die Entwickler nicht einig sind, wie man es reformieren soll, droht ein Stillstand, welcher das Vertrauen untergraben kann.
Die Gefahr für den Bitcoin ist zweifelsohne, dass seine Blockchain zu schwerfällig, nicht reformierbar und energiefressend bleibt. Keine Frage: Die Grundidee der Blockchain wird auf jeden Fall überleben und hat bereits zu etlichen effizienteren Anwendungen geführt. Ist damit der Bitcoin am Ende, wie in der Presse derzeit oft gemutmaßt wird. Auch hier ein klares „Nein“!
Sollte sich keine effektive Verbesserung der Bitcoin-Probleme geben, könnte Bitcoin als das „digitale Gold“ übrig bleiben. Mit Gold bezahlt man üblicherweise auch nicht. Man hortet es, um etwas außerhalb des Bankensystems zu besitzen.
Gehen Banken und Staaten unter: Gold bleibt! Eventuell wird man in ein paar Jahren sagen, „Gold und Bitcoin bleiben“. Für uns durchaus vorstellbar, dass gerade in turbulenten Zeiten von Banken– oder Staatspleiten künftig die „Flucht in Bitcoin“ ebenso normal sein wird, wie die Flucht in Bargeld (wird immer weiter erschwert) oder Gold.
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