Hans-Georg Maaßen und die Herausgeber des von ihm bearbeiteten Grundgesetz-Kommentars lehnen die von Juristen und Fachverbänden erhobene Forderung ab, Maaßens Autorenschaft aufgrund seiner politischen Äußerungen zu beenden. Die Debatte ins Rollen gebracht hatte ein Beitrag des Rechtsprofessors Stefan Huster, der in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" erklärt hatte, nicht länger in einem Werk mit Maaßen erscheinen zu wollen. "Herr Huster hat vor seinem FAZ-Beitrag nie den Kontakt zu mir gesucht, ich kenne ihn praktisch gar nicht. Wenn er oder andere Autoren Kritik an Inhalt oder Ton meiner öffentlichen Äußerungen haben, bin ich immer bereit, darüber zu diskutieren", sagte Maaßen der "Welt".
"Ich würde aber auch daran erinnern, dass im politischen Raum andere Regeln der Kommunikation gelten, als in Fachveröffentlichungen. Hier kämpft man nun einmal eher mit dem Säbel, dort mit dem Florett." In dem Protest gegen ihn sieht er eine Bedrohung der Meinungsfreiheit. "Wenn es hoffähig wird, fachlich untadelige Autoren wegen ihren politischen Ansichten oder unterstellter Nähe zu rechten Kreisen auszuschließen, dann müssen als Nächstes auch Anwälte gehen, die zum Beispiel mal die AfD vertreten haben. Was das für die Meinungsvielfalt im juristischen Schrifttum bedeutet, können Sie sich denken."
Maaßen, der für die Kommentierung des Asylrechts zuständig ist, beschreibt die Forderung nach seinem Ausschluss auch als Versuch, die Rechtsprechung zu beeinflussen: "Das Feld wird seit den 80er-Jahren zusehends von Anwälten dominiert, die naturgemäß migrationsfreundliche Positionen vertreten. Soweit ich das Schrifttum überblicke, gibt es neben mir praktisch keine konservativen Stimmen mehr. Wenn Sie als Richter in den Kommentaren nur eine Meinung finden, liegt ja auf der Hand, wie die Urteile ausfallen. Und genau darum dürfte es bei der Kampagne gegen mich auch gehen." Die Herausgeber des Kommentars, Christian Hillgruber und Volker Epping, gehen zu einigen von Maaßens Aussagen auf Distanz, wollen an ihm als Autor jedoch festhalten.
In einer internen Mail an die Kommentar-Autoren, über die die "Welt" berichtet, schreiben sie: "Nun halten auch wir einige Tweets von Herrn Maaßen für im Stil befremdlich und inhaltlich sehr fragwürdig. Verfassungsfeindschaft können wir ihnen aber nicht entnehmen. Was in den sozialen Medien zuweilen geäußert und verbreitet wird, ist mitunter schlicht unangemessen, wahrlich nicht nur bei Herrn Maaßen. Es ist aber im Regelfall, wie auch bei Herrn Maaßen, von der individuellen Meinungsfreiheit gedeckt. Maaßens Kommentierungen von Art. 16 und 16a GG im Beck-OK GG sind lege artis und in keiner Weise rechtswissenschaftlich zu beanstanden. Es gibt daher auch keine rechtliche Handhabe, Herrn Maaßen aus dem Autorenkreis auszuschließen."
Im Übrigen müssten die Bearbeiter eines Gemeinschaftswerks sich nicht einmal die Buchbeiträge der übrigen Autoren, geschweige denn deren anderswo getroffene Äußerungen zurechnen lassen. "Jeder und jede ist insoweit allein für das verantwortlich, was er oder sie selbst von sich geben. Wir anerkennen keine Form irgendeiner `Kontaktschuld`", heißt es in der Mail. Bisherige Reaktionen anderer Bearbeiter seien positiv, sagten die Herausgeber der "Welt". "Den von Herrn Huster uns gegenüber und in der Öffentlichkeit geäußerten Bedenken haben sich bisher keine weiteren Autoren unseres Kommentars angeschlossen. Im Gegenteil haben wir auf unsere Mail bislang eine Reihe zustimmender Reaktionen von etwa zehn Bearbeitern erhalten."
Foto: Hans-Georg Maaßen, über dts Nachrichtenagentur